Ärzteschaft
Hessische Ärzte setzen Antibiotika zurückhaltender ein
Donnerstag, 8. Dezember 2016
Frankfurt am Main – Zunehmende Antibiotikaresistenzen bereiten den Ärzten in Hessen Sorge und verändern das Verschreibungsverhalten. Das zeigt eine Umfrage der Landesärztekammer und des „MRE-Netz Rhein-Main“ unter 6.333 niedergelassenen Ärzten. Sie konnten dafür rund 800 Antworten auswerten. „MRE“ steht für „Multiresistente Erreger“. An dem Netz beteiligen sich neben der Kammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen auch Gesundheitsämter, Kliniken, Pflegeheime und andere.
„Drei Viertel der antwortenden Ärzte in Hessen haben bereits Erfahrungen mit Therapieversagen bei antibiotika-resistenten Erregern gemacht“, erläuterte der Präsident der Landesärztekammer Hessen, Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach. Er stellte die Befragungsergebnisse zusammen mit Ursel Heudorf, der Leiterin des MRE-Netz Rhein-Main vor. Danach sehen die niedergelassenen Ärzte die Relevanz der Antibiotikaresistenz und die Bedeutung ihres eigenen Verordnungsverhaltens für die Antibiotikaresistenzen in der Region. Sie setzten daher Antibiotika zurückhaltender ein als noch vor acht Jahren. Die Vergleichszahlen aus dem Jahr 2008 stammen aus der bundesweiten sogenannten EVA-Studie.
Der zurückhaltende, leitliniengerechte Einsatz von Antibiotika ist laut den Projektpartnern gerade in Erkältungszeiten besonders wichtig. „Achtzig Prozent der Infekte der oberen Luftwege sind viral bedingt, da sind Antibiotika nicht von Nutzen“ erinnert Heudorf. Aber viele Ärzte hätten den Eindruck, dass ihre Patienten unbedingt ein Antibiotikum-Rezept wünschten, wenn sie wegen eines Atemwegsinfekts in die Praxis kämen. Erfreulich an der neuen Umfrage in Hessen sei auch, dass die Ärzte im Jahr 2016 seltener als noch im Jahr 2008 angaben, aus solchen Gründen ein Antibiotikum zu verordnen.
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Im Rahmen der Umfrage machten die teilnehmenden Ärzte Verbesserungsvorschläge für ein sinnvolles Antibiotikamanagement. Am häufigsten nannte sie die Erfassung regionaler Antibiotikaresistenzen, bundesweit einheitliche Leitlinien, Beseitigung finanzieller Nachteile durch Laboruntersuchungen bei Infektionserkrankungen und die Erfassung individueller Antibiotikaverordnungen mit geeigneter Rückmeldung für behandelnde Ärzte. „Die Landesärztekammer Hessen wird gemeinsam mit anderen Akteuren nach Wegen suchen, diese Vorschläge umzusetzen“, sagte Knoblauch zu Hatzbach.
Heuberg wies in diesem Zusammenhang auf ein Projekt des MRE-Netz Rhein-Main hin, die Aktion „Weniger ist mehr – Antibiotika verantwortungsvoll einsetzen“. „Mit den Aktivitäten unseres Netzwerks, den Flyern und Plakaten wollen wir die Bevölkerung informieren, wie sie am besten bei Infekten der oberen Luftwege wieder gesund werden – ohne Antibiotika“, erläuterte sie.
© hil/aerzteblatt.de

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