Medizin
Impfung: Lidocain-Salbe lindert Schmerzen von Säuglingen
Dienstag, 13. Dezember 2016
Toronto – Das Auftragen einer Salbe mit dem Lokalanästhetikum Lidocain hat in randomisierten Studien die Schmerzreaktion von Säuglingen abgeschwächt. Ein Aufklärungsvideo für die Eltern und ein Zuckergetränk zeigten laut der Publikation im Canadian Medical Association Journal (2016; doi: 10.1503/cmaj.160542) dagegen keine Wirkung.
Mit der steigenden Zahl von Impfungen im ersten Lebensjahr, die eine Injektion erfordern, steigt die Belastung der Säuglinge und damit auch des begleitenden Elternteils (in der Regel der Mutter). Die Beruhigung des Kindes (und des Elternteils) vor, während und nach der Injektion kann einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung einer Impfmüdigkeit leisten. Eine alte Methode besteht darin, dem Kind unmittelbar vor der Impfung eine Zuckerlösung zu geben. Einen großen Einfluss hat auch die Mutter, die das Kind während der Impfung hält. Sie kann durch eine langsame Atmung Ruhe ausstrahlen, das Kind ablenken und nach dem Stich beruhigen.
Beides hat in einer randomisierten Studie, über die Anna Taddio vom Hospital for Sick Children (SickKids) in Toronto und Mitarbeiter berichten, keine bessere Wirkung als ein Placebo. An der Studie hatten 352 gesunde Säuglinge teilgenommen, die im Alter von zwei, vier, sechs und zwölf Monaten einen Impftermin hatten. Sie waren nach dem Zufallsprinzip auf vier Gruppen aufgeteilt worden.
In der ersten Gruppe wurden die Mütter darüber informiert, wie sie ihr Kind bei der Impfung halten sollten und die Kinder erhielten kein süßes Getränk. In der zweiten Gruppe bekam das Kind ebenfalls keine Zuckerlösung. Doch die Mütter sahen sich vor der Impfung ein Video zu den ABCD-Tipps an: A steht für Analyse des eigenen Stresses, B für eine langsame Bauchatmung, C für Kuscheln (cuddle) und D für Ablenken (distract). In der dritten Gruppe erhielt das Kind eine Zuckerlösung und die Mutter sah sich das Video an. In der vierten Gruppe wurde als zusätzliche Maßnahme die Haut des Säuglings gleich zu Beginn des Arzttermins mit einer fünfprozentigen liposomalen Lidocain-Salbe eingerieben.
Nur in dieser Gruppe kam es zu einer Linderung des Injektionsschmerzes, den die Forscher durch die Analyse von Filmausnahmen mit der Modified Behavioural Pain Scale analysierte. Sie bewerten den Gesichtsausdruck des Kindes, seine Bewegungen und ob es schreit. Die Skala reicht von null (keine Schmerzreaktion) bis zehn (starke Schmerzreaktion).
Wie Taddio berichtet, erreichten die Kinder nach dem Auftragen der Lidocain-Salbe einen Score von 6,3 Punkten, in den anderen drei Studiengruppen wurde der Schmerz mit 6,7 Punkten bewertet. Das erscheint nur ein geringer Unterschied zu sein. Taddio gibt aber zu bedenken, dass die Kinder schon vor der Impfung mit einem Score von 2,3 bis 2,7 (je nach Altersgruppe) ein wenig aufgeregt waren. Dennoch zeigen die Ergebnisse, dass die Lidocain-Salbe die Impfung keineswegs schmerzfrei macht. Auch in der Erholungspause blieb der Schmerzscore 2,4 bis 3,8 (je nach Altersgruppe) erhöht.
Dennoch findet die Pharmazeutin, das die Lidocain-Salbe einen Versuch wert ist. Auch eine Zuckerlösung hat sich in früheren Studien als effektiv erwiesen, berichtet Taddio. Möglicherweise sei die Dosis zu gering gewesen. Ein Aufklärungsvideo hatte sich dagegen auch in anderen Studien als ineffektiv erwiesen. Dies könnte daran liegen, dass Mütter bereits vor der Impfung gelernt haben, wie sie ihr Kind beruhigen können und hierzu keine Videoaufklärung benötigen. © rme/aerzteblatt.de

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