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Medizin

Wie intermittierendes Fasten Mäuse vor einer Leukämie schützt

Dienstag, 13. Dezember 2016

dpa

Dallas - Intermittierendes Fasten kann bei Mäusen die Entwicklung und das Fortschreiten einer akuten lymphoblastischen Leukämie (ALL) hemmen, was Forscher in Nature Medicine (2016; doi: 10.1038/nm.4252) mit einer gesteigerten Wirksamkeit des Fettzellhormons Leptin in Verbindung bringen. Bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) wurde kein Einfluss des Fastens festgestellt.

Die ALL ist die häufigste Leukämie im Kindesalter und heute zu 90 Prozent heilbar. Bei Erwachsenen sinken die Überlebenschancen auf etwa 40 Prozent. Die AML tritt dagegen bei älteren Menschen auf, die für eine lebensrettende Stammzelltherapie häufig zu schwach sind. Studien haben gezeigt, dass Übergewicht und Fettleibigkeit ein Risikofaktor für die ALL sind. Im Tiermodell hat eine Adipositas das Fortschreiten der Leukämie gefördert.

Ein Team um Chengcheng Zhang vom University of Texas Southwestern Medical Center in Houston hat untersucht, ob Fasten die Entwicklung der Leukämie beeinflusst. Sie experimentierten mit Mäusen, denen nach einer Bestrahlung Krebszellen implantiert wurden. Normalerweise kommt es dann innerhalb weniger Wochen zu einer ALL, an der die Tiere unbehandelt sterben. Verschiedene Diäten konnten dies verhindern. Am zuverlässigsten waren intermittierende Diäten. Dabei wurden die Tiere über einen gewissen Zeitraum nur jeden zweiten Tag gefüttert. Dies verhinderte zuverlässig die Entwicklung einer ALL. Alle Tiere überlebten.

Als nächstes haben die Forscher untersucht, ob Fasten nach dem Ausbruch der ALL noch eine Wirkung erzielt. Auch hier verbesserte das intermittierende Fasten die Überlebenschancen, wobei Regime, in denen auf jeweils zwei Futtertage zwei Fastentage folgten, am effektivsten waren. Mehr als 60 Prozent der Tiere überlebten. Selbst im Spätstadium der Erkrankung nach einer Stammzelltransplantation konnte das Fasten die Überlebenschancen der Tiere noch verbessern. Das Fasten war in der Lage, die Krebszellen aus dem Knochenmark und der Milz zu eliminieren.

Bei der AML versagte das Fasten dagegen. Die intermittierende Diät konnte bei den Tieren einen Ausbruch der Leukämie nicht verhindern. Die Überlebenszeit war sogar tendenziell kürzer als unter einer normalen Ernährung.

Die Forscher bringen den Krebsschutz mit der verminderten Wirkung des Hormons Leptin in Verbindung. Leptin wird von den Fettzellen freigesetzt. Es signalisiert dem Gehirn, dass die Speicher gefüllt sind, was normalerweise den Hunger dämpft. Bei vielen Menschen mit Adipositas funktioniert dieser Regelkreis nicht, weil die Leptinrezeptoren im Gehirn unempfindlich auf die Hormonsignale aus dem Fettgewebe geworden sind.

Rezeptoren für Leptin gibt es auch auf den Leukozyten, und frühere Studien hatten gezeigt, dass die Aktivität dieser Rezeptoren bei der ALL abgeschwächt ist. Die Forscher haben deshalb untersucht, wie sich das Fasten auf die Leptin-Rezeptoren der Leukozyten auswirkt. Ihre Ergebnisse zeigen, dass der Leptin-Mangel, der durch das Fasten ausgelöst wird, die Empfindlichkeit der Leptin-Rezeptoren auf den Leukämiezellen verbessert.

Hier könnte sich das intermittierende Fasten besonders günstig auswirken, weil am Ende der Fastenphase die Leptinspiegel ansteigen. Zusammen mit der gesteigerten Empfindlichkeit der Rezeptoren, könnte dies die Hormonwirkung verbessern. Zhang vermutet, dass Leptin in der Lage  ist, Leukämiezellen wieder in gesunde Leukozyten zu verwandeln.

Auch beim Menschen ist die Zahl der Leptin-Rezeptoren bei B-Zell- und der T-Zell-Leukämien, den beiden Varianten der ALL, vermindert. Kinder mit der Variante Prä-B-Zell-Leukämie haben laut Zhang höhere Überlebenschancen, wenn die Krebszellen mehr Leptin-Rezeptoren ausbilden. 

Zhang hat die Wirkung des Fastens auch auf menschliche Zellen untersucht. Die Leukämie-Zellen wurden auf Mäuse übertragen, deren Immunsystem zunächst ausgeschaltet wurde. Normalerweise sterben die Tiere dann innerhalb weniger Wochen an einer „menschlichen“ Leukämie. Dies war in den Experimenten bei den normal gefütterten Tieren nach 35 Tagen der Fall. Wurden die Tiere dagegen nach der Transplantation einem Fasten-Regime unterzogen mit jeweils zwei Tagen Futter gefolgt von zwei Tagen ohne Futter, lebten die Tiere etwa 50 Tage. Das Fasten allein war in diesem Modell also nicht in der Lage, die Leukämie zu besiegen. 

Es erscheint deshalb ausgeschlossen, dass Fasten eine Alternative zur heutigen Standardtherapie der ALL sein könnte, die im Kindesalter extrem erfolgreich ist. Denkbar sind allerdings Studien zu einer unterstützenden Wirkung. Eine Behandlung bietet sich nach dem Abschluss der Chemotherapie an. Die Erfahrung zeigt, dass viele ALL-Patienten nach dem Ende der Therapie stark an Gewicht zulegen. Fasten könnte hier eine effektive Gegenmaßnahme sein, die möglicherweise die Prognose weiter verbessert. Doch auch dies müsste zunächst in klinischen Studien untersucht werden. © rme/aerzteblatt.de

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Avatar #106067
dr.med.thomas.g.schaetzler
am Freitag, 16. Dezember 2016, 18:49

B-ALL und T-ALL Mäusemodell?

Eines hat die Publikation "Fasting selectively blocks development of acute lymphoblastic leukemia via leptin-receptor upregulation" von
Zhigang Lu et al. nicht auf dem Schirm: Wenn die abgeschwächte Leptin-Rezeptor-Expression essenziell für die Entwicklung und den Erhalt der ALL ist ["attenuated leptin-receptor (LEPR) expression is essential for the development and maintenance of ALL"], warum ist dann nicht Adipositas-Verhinderung neben Bewegung, Sport und Kalorienrestriktion die beste Prävention gegen T- und B-ALL im Erwachsenen-Alter ["fasting inhibits ALL development by upregulation of LEPR and its downstream signaling"]?

Aber wie schon gesagt: das Fasten allein war in diesem Modell nicht in der Lage, die Leukämie ALL zu besiegen. Und schon gar nicht die akute myeloische Leukämie (AML).

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund
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