Politik
Krankenhausdirektoren: Viele Grundversorger können Qualitätsvorgaben nicht erfüllen
Freitag, 16. Dezember 2016
Berlin – Der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) hat davor gewarnt, dass zu hohe Qualitätsvorgaben für Krankenhäuser zu einer Aushöhlung der stationären Versorgung in Deutschland führen könnten. „Die Einführung von Mindestmengen in der Versorgung von Brustkrebspatientinnen hat in den vergangenen Jahren eindeutig zu einer Verbesserung der Versorgung geführt“, sagte der Präsident des Verbandes, Josef Düllings, am Mittwoch vor Journalisten in Berlin.
In der Schwerpunktversorgung könnten Mindestmengen die Qualität verbessern. Sie beinhalteten jedoch auch das Risiko einer Entkernung in der Grund- und Regelversorgung. „Sie würden zu einer Sogwirkung weg von den Grundversorgern führen, die das Rückgrat unserer Krankenhausversorgung sind“, mahnte Düllings.
„Strukturqualität muss umsetzbar sein, sonst kommt sie nicht beim Patienten an“, fuhr er fort. Für viele Grundversorger seien zum Beispiel Vorgaben zur Personalausstattung in der Intensivstation nicht erfüllbar. Als weiteres Beispiel nannte er die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Versorgung von Risikoschwangeren, die ein bestimmtes Verhältnis von Pflegekräften und Patienten vorsieht. „Es gibt nur wenige Perinatalzentren, die diese Regelung umsetzen können“, sagte Düllings. „Wenn die Vorgaben so bleiben, entstehen Haftungsrisiken für die Zentren. Ich habe mit Ärzten gesprochen, die sagen: Wir werden nur noch so viele Risikoschwangere aufnehmen, wie wir in der aktuellen Personalsituation versorgen können. Die Frage ist: Wo gehen die anderen Risikoschwangeren dann hin?“
Staat soll moderne IT-Infrastruktur in Krankenhäusern finanzieren
In 32 Thesen hat der VKD kurz vor Beginn des Bundestagswahljahres seine Forderungen an die Krankenhauspolitik formuliert. Der Verband fordert unter anderem, dass Kommunikation und Zuwendung im Krankenhaus besser vergütet werden müsse. Zudem müssten die Bundesländer ihre Investitionsmittel von heute drei auf sechs Milliarden Euro pro Jahr erhöhen. „Zusätzlich sollten die Krankenkassen an der Finanzierung von Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen beteiligt werden“, meint der VKD und fordert für die Dauer von zehn Jahren einen Zuschlag für Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen von mindestens fünf Prozent auf die Fallpauschalen.
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- Qualitätsmanagement-Richtlinie: Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses
- Frühchenversorgung: Verfassungsklage gegen Mindestmenge scheitert
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Finanzielle Hilfe vom Staat fordert der Verband zudem im Bereich der Digitalisierung. Nach einer Studie der EU-Kommission seien die deutschen Kliniken hier nicht einmal EU-Durchschnitt. Länder wie Dänemark, Kanada oder die USA zeigten, dass die notwendigen Voraussetzungen für eine flächendeckende digitale Infrastruktur von staatlicher Seite geschaffen beziehungsweise unterstützt werden müssten. Der VKD fordert daher auch für Deutschland eine Investitionsoffensive auf Bundesebene für die Schaffung einer modernen IT-Infrastruktur der Krankenhäuser. Denn „die Krankenhäuser können diese Investition nicht selbst leisten“, so Düllings.
MDK durch „wirklich unabhängige Institution“ ersetzen
Schließlich forderte der Verband, dass die Krankenhausrechnungen von einer „wirklich unabhängigen“ Institution geprüft werden. „Der Medizinische Dienst der Krankenkassen ist aus unserer Sicht weder neutral noch an der Sache orientiert“, kritisierte Düllings. „Oft kürzt er eine Rechnung, weil aus seiner Sicht der Patient früher hätte entlassen werden können. Das geht stark in die Richtung einer Einschränkung der Therapiefreiheit. Ärzte sollen gezwungen werden, eine Behandlung nach Vorstellung der Krankenkassen durchzuführen. Das ist nicht akzeptabel.“ © fos/aerzteblatt.de

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