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Medizin

Hep-CORE-Studie: Gravierende Versorgungslücken in Europa

Mittwoch, 21. Dezember 2016

 /dpa

Berlin – Die European Liver Patients Association (ELPA) hat heute die erste europaweite und patientengeführte Studie zu Lücken in der Versorgung von Patienten mit Hepatitis B und C vorgestellt. Die Ergebnisse der Hep-CORE-Studie seien ernüchternd, schlussfol­ger­ten die beteiligten Experten auf der heutigen Pressekonferenz in Berlin. Denn in mehr als der Hälfte der befragten 27 Mitglieds-Patientenorganisationen aus 25 europä­ischen Staaten fehlen nationale Strategien zur Bekämpfung der Virushepatitis B oder C. Dabei hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits im Jahr 2012 alle Staaten dazu aufgefordert, entsprechende Programme zu entwickeln.

Nur drei der Länder bieten uneingeschränkten Zugang zu antiviralen Medikamenten gegen Hepatitis C. Trotz dringender Notwendigkeit eines Monitorings und praktizierter Krankheitsüberwachung führen 63 % der Länder kein nationales Register für Virus­hepatitis B (HBV) und 56 % keines für Hepatitis C (HCV). Auch Deutschland erfüllt nicht alle Empfehlungen der WHO. Mit „Ja“ wurden unter anderem folgende Maßnahmen bestätigt:

  • Nationale HBV/HCV-Strategie: ja
    Gesamt: 13 ja; 14 nein
  • Nationale HBV-Leitlinien für die Klinik: ja
    Alle Länder bis auf Portugal haben Leitlinien.
  • Nationale HCV-Leitlinien für die Klinik: ja
    Alle Länder bis auf das UK haben Leitlinien.
  • Aufklärungskampagnen zum Welthepatitistag: ja
    Gesamt: 9 ja; 17 nein; 1 unbekannt
  • Zusammenarbeit der Regierung mit Patientenverbänden oder NGOs: ja (Deutsche Leberhilfe, Deutsche Leberstiftung, Aktionsbündnis Hepatitis und Drogengebrauch) Gesamt: 15 ja; 9 nein; 3 unbekannt
  • Nationales HBV-Register: ja
    Gesamt: 10 ja; 17 nein
  • Nationales HCV-Register: ja
    Gesamt: 12 ja; 15 nein

Eher schlecht präsentiert sich Deutschland im europäischen Vergleich bei den folgenden Maßnahmen:

  • Arbeitsgruppe des Gesundheitsministerium: nein
    Gesamt: 12 ja; 15 nein
  • Gesetzte, die Betroffene vor Diskriminierung schützen: nein
    Gesamt: 8 ja; 18 nein; 1 unbekannt
  • Öffentliche Kampagnen zur Aufklärung: nein
    Gesamt: 9 ja; 18 nein
  • Aufklärung von Beschäftigten des Gesundheitswesens: nein
    Gesamt: 5 ja; 18 nein; 4 unbekannt
  • Monitoring und Datensammlung: nein
    Gesamt: 10 ja; 16 nein, 1 unbekannt
  • Nationales Register für Hepatozelluläres Karzinom (HCC): nein
    Gesamt: 21 ja; 6 nein

Hep-CORE zeigt auch, dass offener Zugang zu Tests und Screening-Einrichtungen vor allem für Personen aus Hochrisikogruppen, etwa für Menschen, die Drogen injizieren, oder für Gefängnisinsassen, von entscheidender Bedeutung ist. In 12 Ländern (44 %) werden jedoch außerhalb von Krankenhäusern keine HCV-Tests oder Screenings für Hochrisikogruppen angeboten. Deutschland zählt nicht dazu, mit Ausnahme von Gefängnisinsassen. Für sie gibt es keine Screeningalternative außerhalb der Klinik.

Andere Abschnitte befassten sich mit der Verfügbarkeit von Maßnahmen, um den Drogenkonsum und damit verbundene Gesundheitsschäden zu vermindern. Programme für saubere Nadeln und Spritzen werden in 22 Ländern (81 %) in mindestens einem Gebiet angeboten, Opioid-Substitutionstherapien in 24 Ländern (89 %) und Drogen­konsum­räume in nur fünf Ländern (19 %). In Deutschland ist keines der drei Angebote flächendeckend verfügbar.

ELPA Mitgliedsgruppen
Ägypten, Belgien, Bosnien & Herzegowina, Bulgarien,
Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich,
Griechenland, Israel, Italien, Kroatien, Mazedonien,
Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien,
Schweden, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien,
Türkei, Ukraine, Ungarn, Vereinigtes Königreich

Ablauf der Studie
Die Daten des Hep-CORE-Reports  wurden von Spezialisten vor Ort gesammelt. Das Forschungsteam um Studienleiter Jeffrey V. Lazarus vom Barcelona Institute of Global Health (ISGlobal), Universität Barcelona, bat eine Patientengruppe in jedem der 27 ELPA-Mitgliedsstaaten, 39 Fragen zu den oben genannten Aspekten von HBV und HCV zu beantworten.

Trotz verfügbarer Impfung gegen Hepatitis B und Medikamente, die Patienten mit Hepatitis C heilen, sterben jedes Jahr 171.000 Menschen an den Folgen von Virushepa­titis. Das entspricht 2 % aller Todesfälle pro Jahr und mehr als 400 Todesfällen pro Tag. Die überwiegende Mehrheit dieser Todesfälle ist auf Spätfolgen chronischer HBV- und HCV-Infektionen zurückzuführen.

„Diese Zahlen sind ein Skandal“, sagte Achim Kauz, geschäftsführender Gesellschafter der Leberhilfe Projekt gUG und Mitglied des Strategy Group Planning Committees der WHO auf der Pressekonferenz. Er hofft, dass die offengelegten Versorgungslücken der Hep-CORE-Studie die Regierungen der Länder davon überzeugen, Hepatitis konse­quen­ter zu bekämpfen. Mit einer strengeren HCV-Überwachung, effektiven Screening­programmen und einer Behandlung mit hochwirksamen Therapien sei auch die Reduk­tion der Inzidenz von Hepatitis C in definierten Risikogruppen auf Null in den kommen­den Jahren möglich, betont Massimo Colombo von der Universität Mailand und Vorsit­zen­der der EASL International Liver Foundation. © gie/aerzteblatt.de

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