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Sex mit Robotern: Revolution oder Rückschritt?

Dienstag, 27. Dezember 2016

London – Der Mensch liebt seine Maschinen und bald sollen sie ihn lieben. Die Rede ist von Sexrobotern. Erste Versionen wie Roxxxy sind bereits auf dem Markt. Die äußerlich wie eine Gummipuppe anmutende Maschine kann laut Hersteller True Companion reden, zuhören und reagiert auf Berührung. Die Sexroboter wirken aber noch wenig lebensecht und sind einem stereotypen Frauenbild nachempfunden. Das Thema Erotik und Maschi­nen ruft nicht nur die Sexindustrie auf den Plan, sondern auch die Wissen­schaft. Ein In­ternationaler Kongress kürzlich in London beschäftigte sich ganz mit dem Thema „Liebe und Sex mit Robotern“.

Die Fürsprecher der Sexmaschinen glauben, dass sie dabei helfen könnten, Prostitution einzudämmen, Sexunterricht zu geben und sogar Therapien zu ermöglichen. Vor allem könnten die Roboter denjenigen Menschen ein Sexualleben ermöglichen, die bislang leer ausgehen, glaubt Kate Devlin. Die Hochschuldozentin für Computing an der Univer­sität von London ist eine der Verantwortlichen hinter dem Kongress. „Sexroboter müs­sen gar nicht aussehen wie Menschen, wir sind momentan nur darauf festgefahren“, sagte sie.

Doch es gibt auch Kritiker der Roboterliebe. Kathleen Richardson, Initiatorin der „Kam­pagne gegen Sexroboter“, fordert einen Entwicklungsstopp. Sie befürchtet negative ge­sellschaftliche Folgen. „Es lässt die Idee zu, menschliche Beziehungen seien optional, und alle Bedürfnisse könnten von Maschinen gestillt werden. Aber das stimmt nicht. Man braucht andere Menschen“, sagte sie. Außerdem könnte der Einsatz von Sexrobotern dazu beitragen, dass Menschen, vor allem Frauen, noch stärker als ohnehin schon auf Objekte reduziert werden. Dauerhaft könnte das zu mehr Ungleichheit und zu Verlust von Empathie führen, fürchtet Richardson.

David Levy, Experte für Künstliche Intelligenz (KI) und Autor eines einschlägigen Buches, sieht Sexroboter nicht zwangsläufig als Ersatz für menschliche Liebes­bezie­hun­gen, eher als Alternative oder Ergänzung. Die Frage sei, ob eine Beziehung mit einem Roboter bes­ser wäre als gar keine Beziehung.

Die Entwicklung von intelligenter künstlicher Sexualität bringt etliche – auch ethische und politische – Fragen mit sich. „Wir befinden uns in einem frühen Stadium, wir haben all diese Fragen, die wir noch nicht beantworten können“, erklärte Devlin. Ihre größte Sorge sei das Sammeln sehr persönlicher Daten. Das erfolge heute schon teilweise bei Sex­spiel­zeug und könne beispielsweise für Versicherungen interessant sein.

Wie bei allen neuen Technologien zeige sich auch hier „das Auseinanderfallen kultur­pes­simistischer Positionen und den eher optimistisch-gelassenen Ansichten“, bringt der Vor­sitzende der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) Martin Dannecker die Problematik auf den Punkt. Die DGfS habe sich zum Phänomen noch keine Position er­ar­beitet.

Laut KI-Experte Levy ist die Entwicklung von Sexrobotern unaufhaltsam und bis spätes­tens 2050 Realität. Computing-Dozentin Devlin hält Sex mit Robotern für „eine Entwick­lung, die kommen wird“, daher sei es besser, „frühzeitig einzusteigen, um sie mitzu­for­men“, sagte sie in Bezug auf Produkte der Sexindustrie.

Wenn es nach Devlin geht, soll es nicht nur um Sex, sondern auch um Liebe gehen. Vielleicht könnten die Maschinen der Zukunft irgendwann dank künstlicher Intelligenz sogar Gefühle und eine Art Bewusstsein ihrer selbst entwickeln. Auf die hypothetische Frage, ob sie ihre Tochter einen Roboter heiraten lassen würde, antwortet Devlin daher: „Ja, warum nicht? Wenn es sie glücklich machen würde.“ © dpa/aerzteblatt.de

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