Ausland
Schweiz baut Referenzzentren für seltene Erkrankungen auf
Freitag, 23. Dezember 2016
Bern – Die Schweiz sollte für die Betreuung von Patienten mit seltenen Erkrankungen eine zweistufige Versorgungsstruktur aufbauen. Das empfiehlt die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) in einem Bericht, den sie im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) erstellt hat.
„Die Basis wird gebildet aus krankheits(gruppen)spezifischen Versorgungsnetzwerken der Leistungserbringer (Fachärzte und Spitäler)“, heißt es in dem Konzept. Falls das Angebot auf dieser ersten Ebene nicht genüge oder Lücken bestünden, können die Patienten auf einer zweiten Ebene „Plattformen für seltene Krankheiten“ aufsuchen. Dies seien „interdisziplinäre Anlaufstellen zur Abklärung und der Koordination von Behandlungen“.
Dieser Empfehlung für eine zweistufige Versorgungsstruktur sind in der Schweiz langwierige Diskussionen vorangegangen. Schon 2010 wurde der Bundesrat beauftragt, in Zusammenarbeit mit den betroffenen Organisationen und Fachpersonen sowie mit den Kantonen eine nationale Strategie für seltene Krankheiten zu erarbeiten. Nachdem ein erster Entwurf des BAG nicht auf die Zustimmung der SAMW gestoßen war, erstellte dieses selbst eine solche Strategie. Der Bundesrat genehmigte sie im Herbst 2014.
Das Konzept formuliert sieben Ziele und sieht 19 Maßnahmen vor, um diese Ziele zu erreichen. Maßnahme eins lautet „Ein Prozess zur Errichtung von Referenzzentren wird definiert“.
Der neue Bericht widmet sich diesem Prozess des Aufbaus von Referenzzentren. „In der Schweiz ist bereits heute viel Fachkompetenz zu seltenen Krankheiten vorhanden. Eine systematische Erfassung der Versorgungsangebote und Kompetenzen, der abgedeckten Krankheiten besteht jedoch nicht und auch bestehende Lücken in der Versorgung können so nicht explizit benannt werden“, heißt es darin.
Die SAMW betont außerdem, dass Referenzzentren für Krankheitsgruppen in der Mehrzahl der Fälle ungeeignet seien. „Ähnlich wie eine Krebserkrankung nicht primär organspezifisch, sondern systemisch – in einer Klinik für Onkologie – behandelt wird, braucht es auch für Patienten mit seltenen Krankheiten eher krankheitsübergreifende Kompetenzzentren, die mit den spezifischen Problemen und Bedürfnissen dieser Patientengruppe vertraut sind“, argumentiert die SAMW.
zum Thema
- Bericht der SAMW zum Aufbau der Referenzzentren
- Nationaler Aktionsplan für Menschen mit seltenen Erkrankungen in Deutschland
Deutsches Ärzteblatt print
- Seltene Erkrankungen: Neue Kurzinformation zum Marfan-Syndrom erschienen
- Seltene Erkrankungen: Randomisierte kontrollierte Studien auch hier der Goldstandard
aerzteblatt.de
Trotzdem seien Referenzzentren für bestimmte seltene Erkrankungen im Einzelfall notwendig, und zwar dann, wenn
- die Abklärung und Behandlung einer seltenen Krankheit besonders anspruchsvoll sei,
- die entsprechende Expertise in einem Schweizer Spital vorhanden sei und/oder
- die internationale Vernetzung in einem „Netzwerk von Referenzzentren“ angezeigt sei.
In Deutschland leiden runden vier Millionen Menschen an einer seltenen Erkrankung. Die Strategie zu ihrer Versorgung ist im Nationalen Aktionsplan für Menschen mit seltenen Erkrankungen niedergelegt. © hil/aerzteblatt.de

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