Medizin
Übergewicht verändert das Erbgut
Dienstag, 27. Dezember 2016
München – Die Festtags-Pfunde lagern sich nicht nur auf den Hüften ab, sie können auch die Aktivität der DNA verändern, wie eine Epigenom-weite Assoziationsstudie in Nature (2016; doi: 10.1038/nature20784) zeigt.
Die Gene bleiben – sieht man von einigen (eventuell aber krankheitsentscheidenden) Mutationen ab – im Verlauf des Lebens unverändert. Ihre Nutzung kann sich jedoch im Laufe der Zeit ändern. Welche Gene in einer Zelle abgelesen werden, wird durch Enzyme gesteuert, die Methyl-Gruppen an die DNA hängen oder für die Verpackung der DNA-Strännge in den Histonen zuständig sind. Dieses Epigenom unterliegt äußeren Einflüssen, die die Expression der Gene und damit die Leistung einer Zelle verändern. Kürzlich konnte in Studien gezeigt werden, dass die Adipositas die Methylierung der DNA beeinflussen kann.
Forscher des Helmholtz Zentrums München und des Imperial College London haben den Zusammenhang erstmals in einer größeren Studie systematisch an Blutproben von mehr als 10.000 Frauen und Männern untersucht. Die Probanden stammten aus Augsburg (KORA-Studie), Italien (EPICOR-Studie) und London (LOLIPOP-Studie). Zur Londoner Kohorte gehörten viele Menschen indischer Abstammung, die ein hohes Risiko für Fettleibigkeit und Stoffwechselkrankheiten haben.
In einem ersten Schritt hat das Team um Simone Wahl vom Helmholtz Zentrum München die Methylierungsmuster der DNA untersucht und mit dem Body-Mass-Index in Beziehung gesetzt. Diese epigenomweite Assoziationsstudie führte zur Entdeckung von 207 Genorten, die bei Menschen mit Adipositas häufiger auftraten als bei schlanken Probanden.
Die Ergebnisse wurden in einer zweiten Kohorte an 4.874 Probanden überprüft. 187 der 207 Genloci wurden bestätigt. Die Assoziation einiger Genloci wurde auch im Fettgewebe der Probanden gefunden. Wahl sieht darin einen Hinweis, dass die gefundenen Assoziationen tatsächlich einen Einfluss auf den Stoffwechsel haben.
Dafür spricht auch, dass einige Methylierungen die Aktivität von Genen beeinflussen, die am Lipidstoffwechsel oder dem Substrattransport beteiligt sind oder Entzündungsreaktionen beeinflussen. Schließlich konnten die Forscher zeigen, dass die Störungen bei der DNA-Methylierung auch die künftige Entwicklung eines Typ-2-Diabetes vorhersagten.
Jede Standardabweichung in einem Methylierungsscore erhöhte das Diabetesrisiko um den Faktor 2,3. Besonders deutlich war der Zusammenhang bei den Probanden indischer Herkunft. Adipöse mit einem bestimmten Methylierungsmuster hatten ein etwa 10-fach erhöhtes Risiko, an einem Typ 2-Diabetes zu erkranken.
Eine mögliche Konsequenz der Studie könnten Bluttests sein, mit denen bei jüngeren Menschen untersucht werden könnte, wer bei einem ungesunden Lebensstil später an einem Typ 2-Diabetes erkrankt und wer nicht. © rme/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema


Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.