Ausland
Zikavirus: Der Schreck in Brasilien sitzt tief
Mittwoch, 28. Dezember 2016
Rio de Janeiro – Ein Jahr nachdem die Regierung wegen des damals noch unbekannten Zikavirus den Gesundheitsnotstand ausrief, stagniert die Zahl der Erkrankungen. Neue Schnelltests machen Hoffnung, die Krankheit künftig besser diagnostizieren zu können. Trotzdem bleibt das Risiko einer Ansteckung gerade in den Sommermonaten hoch. Eine laxe Vorbeugung könnte zu neuen Erkrankungswellen führen. Doch statt unbürokratisch zu helfen, verirrt sich Brasiliens Regierung im Bürokratiedschungel.
Ende 2015 wurde der Zikavirus in Brasilien entdeckt. Er verursacht nach heutigem Stand des Wissens massive Hirnschädigungen bei Babys. Mitte Februar rückten landesweit 220.000 Soldaten gegen die Aedes-aegypti-Mücke, die das Virus überträgt, aus. Später erwog man sogar die Verschiebung der im August in Rio de Janeiro abgehaltenen Olympischen Spiele.
Seitdem ist Zika in Brasilien aus den Schlagzeilen verschwunden. Wirtschaftskrise und Korruptionsskandale beschäftigen die Brasilianer mehr. Auch die Regierung gab sich zuletzt gelassen; sie rechnet für 2017 mit einer Stagnation der Zika-Erkrankungen. Diese werden überhaupt erst seit Anfang 2016 registriert. Davor gab es weder Informationen über noch Tests für das rätselhafte Virus. Insgesamt wurden 2016 landesweit rund 212.000 Zikafälle gemeldet. Meist verläuft die Krankheit harmlos, doch bei Föten kann sie Furchtbares auslösen.
Zwischen Oktober 2015 und Mitte Dezember 2016 wurden 2.289 Fälle von Mikrozephalie registriert. Doch auch hier zeigt sich die Regierung nun optimistisch, da die aktuellen Dezember-Zahlen den Angaben zufolge 86 Prozent unten denen von 2015 liegen. „Das ist unter Kontrolle“, sagte Brasiliens Gesundheitsminister Ricardo Barros jüngst. „Der Schreck hat dazu geführt, dass die Leute besser aufpassen.“
Der Schreck sitzt tatsächlich noch immer tief. Eine kurz vor Weihnachten veröffentlichte repräsentative Studie ergab, dass mehr als die Hälfte der Brasilianerinnen im Alter von 18 bis 39 Jahren wegen der Zikagefahr derzeit auf eine Schwangerschaft verzichtet. Im Nordosten des Landes, also dort, wo mit Abstand die meisten Fehlbildungen registriert wurden, sind es sogar zwei Drittel aller Frauen. Im November 2015 hatte das Gesundheitsministerium Frauen geraten, Schwangerschaften wegen der Epidemie aufzuschieben.
Zudem hatte das Ministerium im Dezember 2015 die rasche und unbürokratische Verteilung von Mückenspray an Schwangere angekündigt. Alle in den staatlichen Sozialprogrammen registrierten schwangeren Frauen sollten so vor der Aedes-aegypti-Mücke geschützt werden. Neben dem Zikavirus überträgt sie auch das Dengue-Fieber, mit jährlich rund 1,5 Millionen Erkrankungen und rund 1.000 Todesfällen, sowie das Chikungunya-Fieber, mit rund 263.000 Fällen in 2016.
Deutsches Ärzteblatt print
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Doch der ursprünglich für Februar 2016 geplante Start der Aktion verzögerte sich, da es Probleme mit der Ausschreibung der zu kaufenden Produkte gab. Das Vorhaben geriet zur Bürokratieposse. Bis heute wissen die Beamten nicht, wann die Sprühdosen und Flakons an die derzeit 474.000 beim Sozialprogramm „Bolsa Familia“ registrierten Schwangeren ausgeliefert werden.
Dabei ist es höchste Zeit – die Aedes-aegypti-Mücke ist im derzeit herrschenden Hochsommer besonders aktiv. Sie braucht hohe Temperaturen und hohe Niederschlagswerte, um sich fortpflanzen zu können. Seit November regnet es in Brasilien häufiger als üblich, Wissenschaftler sind alarmiert. Ohne entsprechenden Schutz drohe den Schwangeren eine neue Welle von Zika-Erkrankungen, warnen Experten.
Ein Grund zur Hoffnung sind die neuen Dreifachschnelltests, die das staatliche Forschungsinstitut Fiocruz entwickelt hat. Damit kann eine rasche Untersuchung auf Dengue, Zika und Chikungunya erfolgen. Die Krankheiten haben ähnliche Symptome, was eine genaue Diagnose bisher erschwerte – und wohl auch die Statistiken der vergangenen Jahre verzerrte. So könnten viele Zika-Erkrankungen mit Dengue verwechselt worden sein. Mit der Auslieferung der neuen Tests an das Gesundheitsministerium soll in den nächsten Wochen begonnen werden. Damit dürften sie noch vor den Mückenmitteln bei den verunsicherten Brasilianern ankommen. © kna/aerzteblatt.de

Zika oder doch Monsanto?
Es ist nach wie vor unklar, was die Microzephalien in Brasilien ausgelöst hat. Südamerikanische (argentinische) Ärzte gehen nach wie vor davon aus, daß Teratogenese nicht viralen Ursprungs ist, sondern auf dem rücksichtslosen Einsatz von Planzenschutzmitteln in den Monokulturregionen herrührt. Der Report des Department of Health vom April 2016 hat unbefriedigenderweise nur folgendes getan, einen "Describe what is known about maternal Zikavirus infection and birth outcomes" und man regte einen "Discuss other factors that can cause microcephaly in a fetus" an. Letzteres ist nicht erfolgt, obwohl der Bericht ausdrücklich teratogene Substanzen genannt hat. Was sich in Brasilien ereignet ist total obskur. Einerseits liest man Zahlen von exat erscheinenden Rückgängen der Zika-Erkranbkungen in Prozent, andererseits liest man nichts mehr über die Mikrozephalieen. Den südamerikanischen Ärzten, die wohl am engsten mit den Patienten zu tun haben, schenkt man kein Gehör, den offiziellen Stellen, die bemüht sind weiter mit Monsanto und Co. Geschäfte zu machen sehr wohl.
Brasilien ist weit. Monsanto ist inzwischen nahe, nämlich in Leverkusen angekommen.

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