Medizin
Bionischer Pankreas überzeugt auch im Alltag
Mittwoch, 28. Dezember 2016
Boston – Ein sogenannter bionischer Pankreas, also eine kombinierte Insulin- und Glukagonpumpe mit kontinuierlicher Blutzuckermessung, hat sich in einer klinischen Studie als funktionierendes Therapiesystem für Typ-1-Diabetiker bewiesen. Zusammen mit Koautoren berichten die Entwickler der Pumpe Edward Damian und Firas El-Khatib am BU Department of Biomedial Engineering im Lancet (2016; doi: 10.1016/S0140-6736(16)32567-3).
Ein künstlicher Pankreas, der dem Körper nicht nur die notwendigen Insulinmengen zuführt, sondern auch zuverlässig Hypoglykämien verhindert, muss auch mit dem zu Insulin antagonistisch wirksamen Glukagon arbeiten. Seit 2009 führt die Arbeitsgruppe Studien mit bihormonalen Pumpen durch, die beide Hormone verabreichen und über einen Sensor die subkutane Glukosekonzentration in fünfminütigen Intervallen messen. Als Recheneinheit für das System dienen herkömmliche Smartphones mit einer App.
Die letzte Untersuchung führten die Forscher 2014 mit Erwachsenen und Jugendlichen durch, die das System über fünf Tage unter kontrollierten Bedingungen testeten. Die erwachsenen Teilnehmer schliefen in einem Hotel, wurden von Krankenschwestern begleitet und durften sich in der Stadt frei bewegen. Die Jugendlichen waren in einem Camp untergebracht. Sport, Ernährung und Aktivität durften die Teilnehmer selbstständig bestimmen. Die ersten Studienergebnisse waren vielversprechend und zeigten eine bessere Kontrolle des Blutzuckers als eine Therapie mit Insulinpumpe (2014; doi: 10.1056/NEJMoa1314474).
In der vorliegenden Studie wollten die Wissenschaftler testen, ob sich das System auch unter weniger kontrollierten Bedingungen im Alltag bewährt. Sie randomisierten hierzu 43 Typ-1-Diabetiker in eine Gruppe mit der neuartigen Pumpe, beziehungsweise in eine Vergleichsgruppe, welche ihre gewohnte Insulinpumpe nutzte. Die Teilnehmer waren über 18 Jahre alt und wohnten maximal 30 Minuten von einem Studienzentrum entfernt. Während der insgesamt elftägigen Testphase sollten sie ihrem normalen Alltag nachgehen, mit Sport und freier Mahlzeiteneinteilung.
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Innerhalb der Experimentalgruppe zeigten die Teilnehmer einen signifikant geringeren Durchschnittszucker als die Vergleichsgruppe (141 mg/dl versus 162 mg/dl, p = <0,0001). Den besseren Durchschnittszucker erkauften die Teilnehmer glücklicherweise nicht mit mehr Hypoglykämien. Laut der kontinuierlichen Glukosemessung waren die Episoden von Hypoglykämien unter 60 mg/dl mit 0,6 Prozent versus 1,9 Prozent zugunsten der Experimentalgruppe sogar etwas seltener. Als einzige Nebenwirkung trat in der Experimentalgruppe häufiger Übelkeit auf.
In einer finalen Version planen die Entwickler alle Komponenten des Systems in ein einziges Gerät, das sogenannte iLet, zu integrieren. Der Prototyp des Systems muss noch in einer klinischen Studie getestet werden. Erwähnenswert sind die hohen Kosten des täglichen Glucagons mit rund 160 Dollar pro Tag. © hil/aerzteblatt.de

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