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Medizin

Biologische Ursache der prämenstruellen dysphorischen Störung gefunden

Dienstag, 3. Januar 2017

Bethesda – Die prämenstruelle dysphorische Störung, eine Variante des prä­menstruellen Syndroms, die zu einem ausgeprägten Leidensdruck führt, wird durch eine genetisch bedingte Überempfindlichkeit auf Sexualhormone ausgelöst, wie neue Untersuchungsergebnisse in Molecular Psychiatry (2017; doi: 10.1038/mp.2016.229) zeigen.

Die meisten Frauen nehmen in den Tagen vor der Regelblutung körperliche und/oder psychische Veränderungen wahr, die als prämenstruelles Syndrom (PMS) bezeichnet werden. Bei etwa 2 bis 5 Prozent der Frauen sind die Beschwerden so stark, dass berufliche Leistungen und soziale Beziehungen darunter leiden. Ursache und Patho­mechanismus dieser prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS) waren lange unklar. Häufig wurde eine psychosomatische Genese vermutet. Dagegen sprach, dass die PMDS häufig familiär gehäuft auftrat. Genetiker schätzen die Heritabilität auf 56 Prozent.

In den 1990er Jahren konnte gezeigt werden, dass die betroffenen Frauen eine gesteigerte Empfindlichkeit auf die Sexualhormone Östrogen und Progesteron haben, deren Konzentrationen in der zweiten Hälfte des Zyklus ansteigen. Eine medikamentöse Ausschaltung der Hormone kann das PMDS lindern, eine künstliche Zufuhr provoziert die Symptome auch in anderen Phasen des Zyklus, und zwar bereits in Konzen­trationen, die bei nicht betroffenen Frauen keine Symptome auslösen.

Ein Team um David Goldman vom National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism in Bethesda/Maryland hat jetzt die zellulären Vorgänge untersucht, die dieser Über­empfindlichkeit zugrunde liegen. Die Forscher führten ihre Untersuchungen an Leukozyten durch. Dies geschah in der Annahme, dass die Hormone hier die gleichen Gene aktivieren wie im Gehirn, wo die Symptome des PMDS ihren Ursprung haben. Tatsächlich stießen sie auf eine Auffälligkeit. Ein Genkomplex, der als „Extra Sex Combs/Enhancer of Zeste“ oder ESC/E(Z) bezeichnet wird, war bei Frauen mit PMDS deutlich stärker aktiviert als in einer Kontrollgruppe. ESC/E(Z) beeinflusst, wie Zellen auf Sexualhormone reagieren. 

Die unterschiedliche Reaktion von ESC/E(Z) bei Frauen mit PMDS im Vergleich zu gesunden Kontrollen ist biologisch plausibel. Die Zusammenhänge sind jedoch noch immer nicht ganz klar. So fanden Goldman und Mitarbeiter paradoxerweise eine verminderte Expression von vier Genen, in denen sie eine gesteigerte Aktivität vermutet hatten. Und entgegen ihren Erwartungen steigerte Progesteron die Aktivität einiger Gene bei gesunden Frauen stärker als bei den Patientinnen mit PMDS, während Östrogen eine gegenteilige Wirkung hatte.

Es ist deshalb noch nicht bekannt, wie ESC/E(Z) in die Pathogenese des PMDS eingreift und ob sich neue Möglichkeiten ergeben, hier therapeutisch gegenzusteuern. Die Untersuchung bestätigt allerdings einmal mehr, dass es sich beim PMDS um eine organische Erkrankung handelt und nicht um eine psychosomatische Störung. © rme/aerzteblatt.de

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