Politik
Klinikapotheken unterliegen bei Zytostatika für Privatversicherte nicht der Arzneimittelpreisverordnung
Mittwoch, 4. Januar 2017
Berlin – Krankenhausapotheken unterliegen nicht der Arzneimittelpreisverordnung, wenn sie Zytostatika für Privatversicherte abgeben. Das hat das Landgericht Bremen (Az. 4 O 964/15) bereits Ende August 2016 in einem erstinstanzlichen Urteil entschieden, wie jetzt bekannt wurde.
Die Richter argumentierten, es gebe keine gesetzliche Regelung, die für gesetzlich Krankenversicherte geltende Arzneimittelpreisverordnung analog auch auf Privatversicherte anzuwenden. Das Gericht sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, wie eine Gerichtssprecherin auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes bestätigte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Da die nächste Instanz angerufen wurde, muss sich nun das Oberlandesgericht Bremen (OLG Bremen) mit dem Thema befassen.
Im vorliegenden Fall, über den die Berliner Zeitung zuerst berichtete, hatte das Evangelische Diakonie-Krankenhaus in Bremen Zytostatika für Privatpatienten aus seiner eigenen Krankenhausapotheke bezogen. Bislang orientierte sich das Preisniveau an den Arzneimittelpreisen öffentlicher Apotheken, die der Arzneimittelpreisverordnung unterliegen. Diese Abrechnungsmethode galt bislang quasi stillschweigend und wurde offenbar von Kliniken so angewendet.
Das Diakonie-Krankenhaus in Bremen hat nun aber die Gesetzeslücke ausgenutzt und rechnete laut Berliner Zeitung im Schnitt für die Zytostatika in jedem der Fälle rund 11.000 Euro mehr ab als normalerweise üblich. Die Privatversicherung, der dies aufgefallen war, klagte vor Gericht auf Rückzahlung der Arzneimittelkosten – und verlor.
Der für Krankenhäuser zuständige Geschäftsführer des Verbandes der Privaten Krankenversicherung, Joachim Patt, sprach in der Berliner Zeitung von einer höchst fragwürdigen „Abzocke“ von Krebspatienten. Der PKV-Verband rechnet vor, dass die privaten Krankenversicherer und die staatliche Beihilfe für Beamte jährlich rund 300 Millionen Euro für Zytostatika ausgäben. Wenn alle Krankenhäuser sich so verhalten würden wie die Klinik in Bremen, kämen nach Berechnungen des PKV-Verbandes Mehrausgaben von mindestens 40 Millionen Euro hinzu.
Der Verband zeigte sich zudem davon überzeugt, dass die Preisverordnung vom Gesetzgeber generell als Preisobergrenze gedacht war. Er forderte daher eine Klarstellung durch die Politik.
Erste Unterstützung kommt von der Union im Bundestag. Der Gesetzgeber müsse für eine Klarstellung sorgen, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Thomas Stritzl der Zeitung. Es könne nicht sein, dass sich Kliniken durch willkürliche Preisaufschläge an Kranken bereicherten. Das sei „ethisch höchst problematisch“. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) äußerte sich auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes bislang nicht. © may/aerzteblatt.de

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