Politik
Scheitert die Videosprechstunde am Honorar?
Dienstag, 7. Februar 2017
Berlin – Videosprechstunden sollen künftig als neues Element in die Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten eingebunden werden. Nun könnte die politische Initiative von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) allerdings noch auf den letzten Metern an der Honorierung der Ärzte scheitern.
Informationen des Bundesverbandes Internetmedizin (BIM) zufolge sieht ein aktueller Beschlussentwurf des Bewertungsausschusses, in dem die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband derzeit über die Vergütung für die Leistung verhandeln, eine Honorierung von 137 Punkten vor. Das entspräche einem Erlös von 14,43 Euro. Von offizieller Seite konnten diese Zahlen bislang nicht bestätigt werden. Die KBV verwies auf Rückfrage des Deutschen Ärzteblatts auf die laufenden Verhandlungen.
Der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) bezeichnete die Pläne dennoch bereits jetzt als einen „Schlag ins Gesicht der – vor allem auf dem Lande wegen Ärztemangel – unterversorgten Patienten“. Die offenbar geplante Leistungsbewertung liege erheblich unter dem kalkulierten Ansatz des zwischen BVDD und Techniker Krankenkasse vereinbarten und bereits laufenden Selektivvertrags zur Erprobung der Online-Videosprechstunden für Hautpatienten, monierte der BVDD. „Der Vorschlag enttäuscht alle, die sich für eine flächendeckende Nutzung neuer Medien in der Patientenversorgung einsetzen“, unterstrich BVDD-Sprecher Ralf Blumenthal.
Auch aus Sicht des BIM steht die möglicherweise geplante Bewertung der Videosprechstunde in keiner sinnvollen Relation zu der ärztlichen Leistung, die damit erbracht werde. „Heutige und künftige Möglichkeiten der Medizintechnik werden dazu führen, dass Untersuchungen, wie zum Beispiel die Messung der Herz- und Lungenfunktion, online unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt und befundet werden können“, so der Verband. Die absehbare Gleichstellung von konventioneller und digital unterstützter Sprechstunde müsse deshalb in einer adäquat höheren Vergütung abgebildet werden, fordert der BIM.
Der Verband echauffiert sich aber nicht nur über die eventuell geplante Vergütung. Er bemängelt obendrein, dass eine Deckelung der ärztlichen Leistung auf maximal 17,5 Videosprechstunden pro Quartal und Praxis geplant sein soll. Dies bedeute rein rechnerisch, dass ein Patient jeden hundertsten Arztkontakt online durchführen und somit statistisch gesehen etwa alle elf Jahre die Möglichkeit einer Online-Videosprechstunde bekommen könnte, heißt es aus dem Verband.
„Die Beschlussfassung zeugt einmal mehr von der Digitalphobie des Deutschen Gesundheitswesens“, erklärte Verbandsvorstand Markus Müschenich. Dadurch würde nicht nur die Chance einer flächendeckenden Versorgung immobiler Patienten eingeschränkt, sondern auch die Möglichkeit, Infektionskrankheiten online und somit ohne die Gefährdung der Infektionsübertragung im Wartezimmer zu behandeln, weitestgehend ignoriert.
Der BVDD rief die Vertreter der KBV im Bewertungsausschuss dazu auf, der Beschlussvorlage in dieser Form nicht zuzustimmen und stattdessen „jede Art der praxisbezogenen Budgetierung für diese innovative Leistung zu streichen“. © hil/sb/aerzteblatt.de

Wer hat denn dafür Zeit?

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