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Vermischtes

TV-Reklame erhöht den Wunsch nach Ungesundem bei Kindern

Donnerstag, 9. Februar 2017

Die Lebensmittelindustrie setzt in ihrem Marketing gezielt beliebte Comicfiguren ein, um Kinder schon früh auf ungesunde Lebensmittel anzufixen. /foodwatch

Bremen/Brüssel – TV-Reklame erhöht bei Kindern den Konsum von zucker- und fett­reichen Lebensmitteln. Das belegt eine europäische Langzeitstudie mit rund 10.000 Kindern aus acht Ländern, darunter auch Deutschland. Die Autoren der Übersichts­arbeit, die im International Journal of Epidemiology erschienen ist, appellieren daher an den Gesetzgeber, Werbung für ungesunde Lebensmittel stärker zu regulieren (2017; doi: 10.1093/ije/dyw317). Studienkoordinator Wolfgang Ahrens vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) in Bremen stellt die Ergebnisse der ifamily-Studie heute auf einer Pressekonferenz in Brüssel vor.

Ein Drittel der rund 10.000 Kinder verbrachten laut der ifamily-Studie mehr als zwei Stunden pro Tag vor dem Fernsehen, was über der empfohlenen Tagesdosis von unter einer Stunde beziehungsweise, je nach Alter, bis zu zwei Stunden pro Tag liegt. Kinder, die mehr als eine Stunde pro Tag vor dem Fernseher saßen, hatten ein um 21 Prozent signifikant erhöhtes Risiko, übergewichtig oder fettleibig zu sein (Odds Ratio 1,21; Konfi­denzintervall 1,10–1,33). Fetthaltige Snacks, zuckerhaltige Lebensmittel oder Getränke wurden von diesen Kindern bevorzugt.

Kinder, die nach den Angaben ihrer Eltern häufig nach beworbenen Produkten aus der Werbung fragten, hatten ein um 19 Prozent (p < 0,05) erhöhtes Risiko, übergewichtig oder ein um 22 Prozent (p < 0,001) erhöhtes Risiko, fettleibig zu sein – verglichen mit Kindern, die nur manchmal nach Werbeprodukten fragten.

Der Bericht stellt auch fest: Freiwillige Selbstverpflich­tungen der Hersteller für eine verantwortungsvolle Werbung für Kinder funktoniert nicht. Dass eine Selbstverpflichtung der Lebensmittelkonzerne bei Kindermarketing ohne Wirkung bleibt, hatte die Verbraucherorgansiation foodwatch bereits 2015 in einer Studie angeprangert. Welche Firmen sich nicht an die unterschriebene Selbtsverpflichtung halten, kann man in der Studie nachlesen (siehe Abbildung links).

Kindermarketing bei ungesunden Lebensmitteln verbieten

Berlin – Vor acht Jahren haben sich die größten multinationalen Lebensmittelhersteller dazu verpflichtet, kein gezieltes Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel zu betreiben. Diese Selbstverpflichtung haben die Unternehmen, zu denen Ferrero, Danone, Nestlé und Coca-Cola zählen, nicht eingehalten. Neun von zehn Produkten dieser Hersteller erfüllten nicht die Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation an ernährungsphysiologisch ausgewogene Lebensmittel.

„Vor allem kleine Kinder können Werbung nicht vom Rest unterscheiden und sind ihr deshalb völlig schutzlos ausgesetzt“, sagte Ahrens. Werbung für ungesunde Lebens­mittel sollte nach Ansicht der Wissenschaftler daher stärker reguliert werden. Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) fordert daher eine Zuckersteuer und ein Werbeverbot für zucker- und fettreiche Lebensmittel, insbesondere Kinderlebensmittel. Es sei ein Skandal, dass die Gesellschaft so tut als seien Eltern allein schuld am Übergewicht ihrer Kinder. „Schuld an der epidemischen Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen trägt auch zu einem großen Teil die Wirtschaft. Und die Politik, die sich bisher nicht dazu durchringen kann, die Kinder besser zu schützen“, sagt Thomas Fischbach, Präsident des BVKJ.

Deutschland belegt beim Anteil übergewichtiger Kinder einen Platz im europäischen Mittelfeld. Demnach waren hierzulande 16,5 Prozent der untersuchten Kinder im Alter von zwei bis zehn Jahren übergewichtig. In Belgien lag der Anteil mit 9,5 Prozent am niedrigsten, in Italien mit 42 Prozent am höchsten. In allen Ländern waren Mädchen eher betroffen als Jungen. Die Ergebnisse seien zwar nicht repräsentativ, sagte Ahrens. Für die Studie seien aber jeweils ländertypische Regionen ausgesucht worden.

© gie/dpa/aerzteblatt.de
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