Ärzteschaft
Ärztekammer warnt vor Cannabis-Freigabe
Freitag, 24. März 2017
Hannover – Die Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) lehnt die Freigabe von Cannabis außerhalb des Einsatzes für medizinische Zwecke entschieden ab. Das erklärte ÄKN-Präsidentin Martina Wenker anlässlich der Anhörung im Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration des Niedersächsischen Landtags. Besonders für Kinder und Jugendliche sei der Cannabiskonsum höchst gefährlich.
„Cannabis bremst nachweislich die geistige Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Das Risiko von Psychosen steigt in beängstigendem Maße, mehr als jeder zehnte Konsument landet in einer Abhängigkeit", warnte die Kammerchefin. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf Einschätzungen von Neurologen, Psychiater, Kinder- und Jugendmediziner sowie Suchtmedizinern des ÄKN-Arbeitskreises „Prävention und Umwelt“.
Übereinstimmend hätten die Experten die großen Risiken für Konsumenten zwischen 12 und 18 Jahren sowie für ungeborene und neugeborene Kinder, deren Mütter Cannabisprodukte konsumieren, bestätigt.
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Demnach führe Cannabis zu signifikanten Beeinträchtigungen der embryonalen Gehirnentwicklung, reduziere die Größe und das Gewicht der Kinder und erhöhe das Risiko von Geburtskomplikationen. Bei Kindern und Jugendlichen beeinträchtige der Cannabiskonsum die biologische, kognitive und soziale Entwicklung und erhöhe das Risiko für Psychosen, Depressionen und Angststörungen um das sechs- bis siebenfache.
Bundesweit haben rund 600.000 vorwiegend junge Menschen in Deutschland Probleme mit dem Konsum dieser Droge. „Cannabis hat sich zu einem großen gesellschaftlichen Problem entwickelt. Die gehandelten Produkte sind in den vergangenen Jahren wirkstoffhaltiger und gefährlicher geworden", so die Kammerpräsidentin. Zudem sei die Wirkung von mehr 80 Cannabinoiden in der Marihuanapflanze noch nicht ausreichend untersucht. „Angesichts dieser Situation ist es aus ärztlicher Sicht absolut wichtig, eine Freigabe der Droge zu verhindern", forderte Wenker. © hil/sb/aerzteblatt.de

Vollkommen verfehlt, Frau Dr. Wenker!

Wie kann die Chefin einer Zwangskörperschaft etwas "entschieden" ablehnen, was unter den Mitgliedern zumindest kontrovers diskutiert wird?
Sehr geehrte Frau Wenker,
würden Sie sich mit derselben Entschiedenheit strikt für ein Alkoholverbot aussprechen (macht in mehr als 10% abhängig, schädigt den Föten, zeigt Gehirnschäden bei Kindern von Alkoholikerinnen, hat vermutlich sogar einen negativen Einfluß auf die Gene...), könnte man Ihren Standpunkt noch als neutral ansehen.
So aber beten Sie die bekannte Leier einer ultra-konservativen Richtung nach, denen es keineswegs um Jugendschutz und Drogenberatung geht.
Sie verkennen, daß es hier nicht um die Freigabe des Cannabis geht, wie wohl Cannabis im Vergleich zu Nikotin und Alkohol nachgewiesenermaßen erst auf Platz drei des Gefährdungspotentials steht.
Worum es hier geht ist allein die Freigabe für Patientinnen und Patienten aus dem Bereich unheilbarer Tumore, Multipler Sklerose, gewisser Formen des Rheumas und - sage und schreibe, es wird immer wieder bewußt oder unbewußt "vergessen" - zum Tausch einer wesentlich schädlicheren Morphinbehandlung gegen Cannabis bei chronischen Schmerzpatienten.
Ein dogmatisches und kulturell wie marktpolitisch gefärbtes striktes Ablehnen einer Therapie, die sich inzwischen längst als sinnvoll und sogar segensreich erwiesen hat, insbesondere aus dem Mund einer Kammerchefin, ist unverantwortlich und es ist unwissenschaftlich.
Ich bitte Sie, zurückzurudern und Abstand zu nehmen von der hier bezogenen Extremposition.
Ihr
Karlheinz Bayer

Genussdroge oder Medizin - wovon sprechen Sie?
wovon sprechen Sie, von der Genussdroge Cannabis oder von der Medizin Cannabis? Von der Genussdroge Cannabis, die speziell für Jugendliche gefährlich sein kann und lehnen deswegen die Freigabe und Abgabe von Cannabis an Patienten, die dringend darauf angewiesen sind, ab? Die lange, allein 10 bis 16 Jahre vor Gerichten um ihre Medizin gekämpft, prozessiert haben und schließlich 2005 durchsetzen konnten, dass Cannabis-Extrakte und -Blüten in Apotheken an sie abgegeben werden konnten - 1020 Patienten profitierten Anfang dieses Jahres davon - und 2016, dass Patienten ihre Blüten selbst anbauen konnten. Nun ist das Gesetz da, das weiteren Eigenanbau von Cannabis verhindern soll. Und Sie wollen die Umsetzung dieses Gesetzes verhindern, das quasi durch die Patienten erstritten wurde? Kurz, Sie setzen sich über Urteile, Gesetze und letzlich über den Willen der Patienten hinweg und sprechen das noch im Namen der Ärztekollegenschaft eines ganzen Bundeslandes aus?
Ahnen Sie überhaupt, welch ein Schlag in das Gesicht dieser Patienten Ihre Worte darstellen?

Gerade
In Ländern mit einem reguliertem Cannabismarkt für Erwachsene kiffen Jugendliche signifikant weniger als in den Ländern mit einer Totalprohibition.
Übrigens: Jamaikanische Mütter, die häufig in der Schwangerschaft Cannabis konsumieren (allerdings überwiegend oral) bringen völlig gesunde Babies ohne nachhaltige Entwicklngsdefizite zur Welt - amerikanische, britische und deutsche Drogenbabies werden außer mit Canabis auch mit Heroin, Kokain und Amfetaminen vergiftet...
Kuriose Randbemerkung: über die 5-10% junger Menschen zwischen 16 und 25, die nach ICD-10 abhängig Alkohol konsumieren, macht sich offenbar niemand Gedanken,

Es ist unfassbar...
"...großen Risiken für Konsumenten zwischen 12 und 18 Jahren sowie für ungeborene und neugeborene Kinder, deren Mütter Cannabisprodukte..."
Hat sich Frau Wenker mal einen Beipackzettel von Ritalin zu Gemüte geführt? Ritalin, das heutzutage wie Bonbons verordnet und verteilt wird?
Oder Alkohol - dieser ist auch in Medikamenten enthalten, die Kindern verabreicht werden! Mittlerweile weiß JEDER um die Risiken, die mit dem Alkoholkonsum einhergehen. Aber er bleibt widerspruchslos erlaubt.
Medizinisches Cannabis lehnt sie also ab und führt Neugeborene, Kinder und Jugendliche sowie (werdende) Mütter auf. Ich selbst bin 50 Jahre alt, wurde im letzten Jahr bei einer OP unbemerkt verletzt. Es folgte ein halbes Jahr Krankenhausaufenthalt mit weit über 30 Operationen und ich bekam ein Stoma, das leider nicht so reibungslos funktioniert, wie es wünschenswert wäre. 24 Stunden am Tag habe ich Schmerzen, 7 Tage die Woche. Im Laufe der Zeit ergab sich im Krankenhaus, dass ich auf fast alle Schmerzmittel allergisch reagiere (bis hin zum Schock) und das einzige, das keine Reaktionen hervorruft, zeigt keine Wirkung. Cannabis hilft mir, wenigstens zeitweise meinen Alltag zu bewältigen und auch nachts mal schlafen zu können. Und das will sie mir tatsächlich mit solch fadenscheinigen Begründungen verwehren?
Anmerkung der DÄ-Redaktion:
Die erste Aussage von Frau Dr. Wenker, dass sie die Verordnung von medizinischem Cannabis ablehne, war missverständlich formuliert und wurde korrigiert.

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