Vermischtes
E-Journals: Elsevier blockiert Verhandlungen über bundesweite Lizenzen
Freitag, 24. März 2017
Berlin – Bei den gestrigen Verhandlungen mit dem Projekt DEAL der deutschen Wissenschaftsorganisationen hat der Verlag Elsevier zum wiederholten Mal kein Angebot vorgelegt, das auf die Forderungen der Wissenschaft ansatzweise einginge, teilt die Pressestelle der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen, vertreten durch die Hochschulrektorenkonferenz (HRK), mit.
„Nach fünf Gesprächsterminen frage ich mich, ob Elsevier ernsthaft mit der deutschen Wissenschaft einen zukunftsfähigen Vertrag auf der Basis von Golden Open Access abschließen möchte“, sagte HRK-Präsident Horst Hippler, der die Verhandlungsgruppe der Wissenschaft anführt. Eine Begründung seitens des Verlages habe es nicht gegeben. „Aus unserer Sicht verweigert sich Elsevier notwendigen Veränderungen beim Zugang zu Veröffentlichungen, etwa durch Open Access“, erklärte Hippler auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes.
Er gebe die Hoffnung, dass ein verhandlungsfähiges Angebot folgen könnte, aber nicht auf. „Ich denke, Elsevier wird nun doch endlich ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen, nachdem wir die Ernsthaftigkeit der Situation verdeutlicht haben und die deutschen Wissenschaftseinrichtungen hinter uns stehen“, sagte er. Die Verhandlungsteilnehmer auf DEAL-Seite seien weiterhin gesprächsbereit, falls Elsevier ein ernsthaftes und verhandelbares Angebot vorlegen sollte.
Elsevier wehrt sich gegen Vorwürfe
Der Verlag sieht den Verlauf der Verhandlungen ganz anders und wirft der HRK Unwilligkeit vor. „Elsevier kam zu dem Treffen mit bester Absicht, zumal wir zuvor mit der HRK vereinbart hatten, aktiv auf die jeweiligen Positionen beider Parteien einzugehen“, schreibt der Verlag in einer Mitteilung. Man habe für das Treffen Vorschläge vorbereitet, die einen nationalen Abonnementvertrag mit erheblichen Kostensenkungen beinhaltet habe. Darüber hinaus habe es einen separaten Vorschlag gegeben, der, im Einklang mit der Open Access-Strategie der Bundesregegierung, Optionen für ein Publizieren von allen deutschen Artikeln im Open Access Modus bereits in diesem Jahr ermöglicht hätte.
Leider habe sich die HRK bei dem Treffen geweigert, dass Elsevier die Vorschläge vorstelle. Die HRK wolle nur weiterverhandeln, wenn der Verlag alle Forderungen erfülle. Eine dieser Forderungen sei, dass als Teil einer Übereinkunft die von der HRK vertretenden Institutionen weiterhin sämtliche internationalen Artikel, die sie gegenwärtig abonnieren, beziehen würden, allerdings ohne für sie zu bezahlen. „Diese Forderung unterscheidet sich signifikant von den Anforderungen, die die HRK uns vor dem Treffen mitgeteilt hatte und auf die wir eingegangen sind“, so der Verlag, der die HRK aufruft, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Wer kommt für eine DEAL-Lizenz infrage?
Potenziell können mehrere hundert Einrichtungen davon profitieren:
- Universitäten
- Hochschulen für angewandte Wissenschaften
- Forschungseinrichtungen
- Staats- und Regionalbibliotheken
- und viele mehr
Im Rahmen des Projekts DEAL wollen Wissenschaftsorganisationen bundesweite Lizenzverträge für das gesamte Portfolio elektronischer Zeitschriften (E-Journals) großer Wissenschaftsverlage ab dem Lizenzjahr 2017 erreichen. Dabei wird eine signifikante Änderung gegenüber dem Status quo bei der Verhandlung, den Inhalten und der Preisgestaltung angestrebt. Durch die Effekte eines Konsortialvertrages auf Bundesebene sollen die einzelnen Einrichtungen finanziell entlastet und der Zugang zu wissenschaftlicher Literatur für die Wissenschaft auf breiter und nachhaltiger Ebene verbessert werden. Zugleich soll eine Open-Access-Komponente implementiert werden.
Beim „Goldenen Weg“ des Open Access wird ein wissenschaftlicher Text zuerst Open-Access-basiert veröffentlicht. Die Qualitätssicherung erfolgt zumeist im Peer-Review-Verfahren.
Im Rahmen der DEAL-Verhandlungen hatten etwa 60 Wissenschaftseinrichtungen schon Mitte Oktober 2016 ihre Verträge mit Elsevier zum Ende des Jahres gekündigt, um die automatische Erneuerung der Lizenzen zu verhindern. Viele weitere Einrichtungen haben bereits signalisiert, dass sie für das Lizenzjahr 2018 von ihrem Kündigungsrecht ebenfalls Gebrauch machen werden, sollte es bis dahin zu keiner Einigung kommen. Trotz der nachdrücklichen Forderung nach einer Kulanzregelung hat Elsevier offenbar bei einigen Einrichtungen die Zugänge zum 1. Januar 2017 ganz oder teilweise abgeschaltet. © gie/idw/aerzteblatt.de

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