Ärzteschaft
Bundesärztekammer fordert Schutz des ärztlichen Berufsgeheimnisses
Dienstag, 25. April 2017
Berlin – Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten stemmen sich weiter gegen einen Gesetzentwurf des Bundeskriminalamtgesetzes (BKA-Gesetz). Die Kritik richtet sich gegen die Aufweichung des ärztlichen Berufsgeheimnisses. Nun hat die Bundesärztekammer (BÄK) Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sowie die Innenpolitiker des Deutschen Bundestages in einem Brief aufgefordert, den Gesetzentwurf nachzubessern und Ausnahmeregelungen für Ärzte bei staatlichen Überwachungsmaßnahmen zu schaffen. Am Donnerstag soll die Novelle im Bundestag verabschiedet werden.
Die BÄK warnt in dem Schreiben vor einer fundamentalen Beeinträchtigung des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Ärzten. „Die Verschwiegenheitspflicht im Patient-Arzt-Verhältnis darf durch das BKA-Gesetz nicht infrage gestellt werden“, mahnte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery. Die Arzt-Patienten-Beziehung müsse vor Überwachungsmaßnahmen geschützt werden und dürfe nicht einer Abwägungsentscheidung im Einzelfall überlassen sein.
Vertrauensschutz wichtig
Der BÄK-Präsident wies darauf hin, dass die im Gesetzentwurf angelegten Maßnahmen auch Ärzte betreffen kann, wenn es zu einer Überwachung ihrer Patienten komme. Verdeckte Eingriffe in die Systeme einer Praxis oder eines Krankenhauses würden zu erheblichen Beeinträchtigungen der Geheimhaltungsinteressen der Patienten führen.
„Wer kann schon garantieren, dass bei einem solchen informationstechnischen Spähangriff nicht auch die Daten anderer Patienten offengelegt werden?“, warnte Montgomery. Patienten seien besonders geschützte Personengruppen und deshalb muss bei Ärzten der gleiche Vertrauensschutz gewährleistet werden wie bei Strafverteidigern und Abgeordneten. Gegen das Gesetz hatten sich kürzlich auch die Delegierten der Ärztekammern Hamburg und Niedersachsen sowie die Bundespsychtotherapeutenkammer ausgesprochen.
Seit 2009 ist es den staatlichen Behörden laut BKA-Gesetz erlaubt, zur Abwehr schwerer Straftaten Telefone und Computer bei Verdächtigen und ihren Kontaktpersonen zu überwachen. Möglich sind auch Durchsuchungen. Das Gesetz regelt zudem das in der Strafprozessordnung geregelte Zeugnisverweigerungsrecht für Berufsgeheimnisträger. Dieses Gesetz musste der Gesetzgeber durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2016 überarbeiten. Geistliche, Bundestagsabgeordnete und im neuen Entwurf alle „Rechtsanwälte oder Kammerrechtsbeistände“ sind vor Ausspähung und Überwachung durch staatliche Dienste geschützt. Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten sind nicht explizit erwähnt.
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Mit dem BKA-Gesetz hat sich heute in einer Sondersitzung der Gesundheitsausschuss des Bundestags befasst. Dem Vernehmen nach wurde dort ein Änderungsantrag der Innenexperten der Koalitionsfraktionen im Bundestag besprochen. Demzufolge soll dieser den bisherigen Status quo erhalten, wonach Ärzten weiterhin ein relatives Zeugnisverweigerungrecht zugestanden werden soll. Ärzte müssten somit weiterhin bestimmte Informationen, wie etwa die Ankündigung einer schweren Straftat oder eines Terroranschlags durch einen Patienten, melden. Damit wären sie nicht automatisch auch vor einer Überwachung geschützt, wie es bei Berufsgruppen der Fall ist, die ein absolutes Zeugnisverweigerungsrecht haben.
Zwar heißt es in der Begründung des Gesetzes, dass die nichtöffentliche Kommunikation mit Personen des höchstpersönlichen Vertrauens, zu denen Ärzte gehören könnten, „schützenswert“ ist. Das gelte aber nicht für Gespräche in Betriebs- oder Geschäftsräumen. Ob eine Überwachung von Arztpraxen damit zulässig ist, ist umstritten. Diese Frage sei in der Sitzung des Gesundheitsausschusses nicht thematisiert worden, hieß es aus gut informierten Kreisen.
Innenausschuss gibt grünes Licht
Unterdessen hat heute der Innenausschuss des Bundestags den Weg für die Verabschiedung des Gesetzes frei gemacht. Gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen verabschiedete das Parlament die Gesetzesvorlage, die am kommenden Donnerstag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht, in modifizierter Fassung.
Die CDU/CSU-Fraktion wertete den Entwurf im Ausschuss als „wirklich großen Wurf“, mit dem dem BKA ein modernes Gesetz gegeben werde. Sie hob zugleich die Notwendigkeit des Änderungsantrages hervor und zeigte sich mit der Gesetzesvorlage „sehr glücklich“. Die SPD-Fraktion sprach von gleichfalls von einem großen Wurf, mit dem das BKA die „Tür ins 21. Jahrhundert“ geöffnet werde. Dabei habe es dem Gesetzentwurf gut getan, in den parlamentarischen Beratungen ausführlich behandelt worden zu sein.
Die Fraktion Die Linke begründete ihre Ablehnung unter anderem mit den Regelungen zur Onlinedurchsuchung. Es sei vollkommen unklar, wie Polizei und Justiz in die Lage versetzt werden sollten, die „Eingriffstiefe“ sogenannter „Staatstrojaner“ zu beurteilen.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verwies auf die weitgehenden Fähigkeiten eines solchen Trojaners, mit dem ein Gerät auch infiltriert werden könne. Hier sehe der Gesetzentwurf keinerlei Einschränkungen vor. © may/aerzteblatt.de

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