Ärzteschaft
Gastroenterologen-Umfrage: Defizitäre Vergütung der Sonografie bleibt nicht ohne Folgen
Donnerstag, 18. Mai 2017
Berlin – Ein Großteil der Gastroenterologen ist nicht zufrieden mit der Vergütung der Sonografie in der gesetzlichen Krankenversicherung. Das ergab eine Umfrage des Berufsverbandes Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands (BNG) unter mehr als 400 Fachärzten, die in der Zeitschrift für Gastroenterologie publiziert wurde (2017; doi: 10.1055/s-0043-108768).
Zwar empfehlen einige Leitlinien den Einsatz von speziellen Ultraschallmethoden, wie etwa der Kontrastmittelsonografie, Elastografie oder Endosonografie. Vergütet werden diese Methoden aber trotz höheren Aufwands entsprechend der abdominellen B-Bild-Sonografie, die in Form der Basissonographie flächendeckend ihre Aufgaben in der Grundversorgung erfüllt. Selbst die Vergütung dieser „Basissonografie“ decke nur maximal die Hälfte der tatsächlichen Kosten ab, kritisierten Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) auf einer Veranstaltung in Berlin im April.
In der Praxis kann der Arzt die Bauchsonografie mit etwa 14 bis 15 Euro pro Patient und pro (Gemeinschafts-)Praxis höchstens zweimal im Quartal abrechnen (siehe Kasten). „Der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) unterscheidet dabei nicht, ob beim Hausarzt eine ‚Basissonografie‘ erfolgt oder ob Gastroenterologen und Onkologen eine zeitaufwendigere qualifizierte Sonografie des Abdomens mit höherer Auflösung durchführen – beides B-Bild-Verfahren“, sagt Hans Worlicek, Leiter der Kommission für Ultraschall in der Praxis der DEGUM.
Vergütung abdominelle Sonografie
Die EBM-Ziffer 33042 für die B-Bild- Sonografie wurde 2016 mit 16,38 Euro angesetzt. Je nach Bundesland erfolgen davon unterschiedliche Abzüge für die Praxen, sodass 14 bis 15 Euro resultieren.
- Kontrastmittelsonografie: Keine zusätzliche Vergütung zur abdominellen Sonografie mit circa 14 bis 15 Euro.
- Elastografie: Keine zusätzliche Vergütung zur abdominellen Sonografie mit circa 14 bis 14,50 Euro.
- Flexible Endosonografie: Vergütung mit gut 110 Euro – resultierend aus EBM-Ziffer 33042 circa 14 bis 15 Euro entsprechend der B-Bild-Sonografie plus EBM-Ziffer 33090 (transkavitäre Untersuchung) zu sechs Euro. Diese Ziffer steht für den Einsatz starrer Sonden ohne endoskopische Optik also typischerweise für endorektale oder endovaginale Sonografien. Plus EBM 13400 für die Gastroskopie: 87,93 Euro
Trotz der unbestrittenen Effizienz dieser fachspezifischen B-Bild-Bauchsonografie bliebe eine angemessene finanzielle Vergütung seitens der gesetzlichen Krankenkassen seit fast drei Jahrzehnten verwehrt, kritisiert der Ultraschallexperte. Die Differenz zwischen Zeitaufwand, Expertise und Vergütung im Vergleich zur hausärztlichen „Basissonografie“ sei erheblich: „Es bedarf höheren Anforderungen an die Untersucher- und Gerätequalität. Zudem werden mehr Organe untersucht, wie etwa Dünndarm, Dickdarm und Lymphknoten, was einen mindestens doppelt so hohen Zeitaufwand erklärt“, berichtet Worlicek.
Eine dritte Untersuchung zur Verlaufskontrolle selbst bei einer schweren Erkrankung wie etwa einer Divertikulitis oder einer Stenose bei Morbus Crohn würde zudem im gleichen Quartal nicht bezahlt, fährt er fort. Auch eine zusätzliche Farbdopplersonografie mit der Frage nach Entzündungszeichen würde neben der B-Bild-Sonografie zu etwa 14 bis 15 Euro nicht vergütet.
„Ergänzungen zur B-Bild-Sonografie durch Kontrastmittelsonografie, Elastografie oder Endosonografie kann der Arzt ebenfalls nicht abrechnen“, berichtet der ehemals in der gastroenterologischen Gemeinschaftspraxis Facharztzentrum Regensburg tätige Facharzt. Wobei die Endosonografie über die Gastroskopie mit 88 Euro vergütet wird. „Wünschenswert wären aber eigene EBM-Nummern, die die Kosten in der Praxis für Kontrastmittelsonografie, Elastografie oder Endosonografie abdecken.“
Ähnlich sieht es bei der Thorax-, Mamma-, Nieren- und Schilddrüsensonografie aus. Der GKV-Spitzenverband teilt dem Deutschen Ärzteblatt auf Anfrage mit, dass er zurzeit keine Hinweise hätte, dass die Bauchsonografie nicht sachgerecht bewertet und vergütet werde.
Für die Endosonografie des oberen Gastrointestinaltraktes liegen die Kosten hingegen bei mindestens 319 Euro. Markus Lerch, Universitätsklinikum Greifswald
Tatsächliche Kosten für speziellen Ultraschall um ein Vielfaches höher
Dass die Vergütung zu niedrig angesetzt ist, zeigt eine aktuelle Studie: In der Klinik haben Forscher für die B-Bild-Sonografie des Abdomens je nach Auslastung und Gerätegüte Kosten zwischen 32 und 52 Euro errechnet. Die Kontrastmittelsonografie in der Klinik liegt rechnerisch bei Kosten von 122 bis 186 Euro. „Für die Endosonografie des oberen Gastrointestinaltraktes liegen die Kosten hingegen bei mindestens 319 Euro“, teilt Markus Lerch vom Universitätsklinikum Greifswald dem Deutschen Ärzteblatt mit. Die Zahl stammt aus Ergebnissen einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) auf Basis von DRG Daten aus 70 Kalkulierenden Krankenhäusern, die demnächst in der Zeitschrift für Gastroenterologie erscheinen soll.
Einsatz von CEUS und Endosonografie nach Leitlinien
Dabei empfehlen einige S3-Leitlinien den Einsatz dieser Verfahren: Der Kontrastmittelultraschall soll beispielsweise bei der nichtinvasiven Diagnostik des hepatozellulären Karzinoms eingesetzt werden. Die Endosonografie sollte Bestandteil des Stagings von Adenokarzinomen des Magens und ösophagogastralen Übergangs bei Patienten mit kurativer Therapieintention sein, um nur zwei Leitlinien-Beispiele zu nennen.
Technischer Fortschritt kommt nur begrenzt zum Einsatz
Fast 90 Prozent der niedergelassenen Gastroenterologen schätzen die Finanzierung der B-Bild-Sonografie des Abdomens in der gesetzlichen Krankenversicherung als unterdeckt oder defizitär ein. Weitere 6,5 Prozent decken gerade ihre Unkosten, erwirtschaften aber kein ärztliches Honorar. Von 415 Teilnehmern der Umfrage des BNG antworteten 99 Prozent, dass sie Ultraschalluntersuchungen des Bauchraumes durchführen, 96 Prozent führten die aufwendige Magen-Darm-Sonografie durch. Hingegen setzten nur 26 Prozent CEUS und neun Prozent die flexible Endosonografie ein.
Laut Worlicek zeigen die Ergebnisse, dass die Bereitschaft, neue technische Entwicklungen einzusetzen, ihre Grenze findet, wenn die wirtschaftliche Situation desolat ist oder gar keine Vergütung erfolgt wie bei der Kontrastmittelsonografie, Endosonografie und Elastografie. © gie/aerzteblatt.de

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