Ausland
Rauchen: Millionen Tote, Milliardenkosten und Umweltfolgen
Dienstag, 30. Mai 2017
Genf – Sieben Millionen Tote jährlich, Milliardenkosten und außerdem massive Umweltverschmutzung sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Auswirkungen des weltweiten Tabakkonsums. Jedes Jahr würden weltweit sieben Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens sterben, heißt es in einem Bericht, den die WHO heute zum morgigen Weltnichtrauchertag veröffentlichte.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts gab es laut WHO-Report noch etwa vier Millionen Todesopfer. Im Laufe des 21. Jahrhunderts könne sich die Zahl der Toten durch Tabakkonsum auf eine Milliarde weltweit summieren, warnte die WHO. Der Bericht strich zudem heraus, dass das Rauchen auch ein negativer Wirtschaftsfaktor sei. Die Folgekosten belaufen sich demnach auf mehr als 1,4 Billionen Dollar (1,25 Milliarden Euro). Das sind 1,8 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts.
Bedrohung für alle
„Tabak ist eine Bedrohung für uns alle“, erklärte die scheidende WHO-Direktorin Margaret Chan. Wenn Regierungen aber „drastische Maßnahmen“ zur Bekämpfung des Tabakkonsums ergriffen, könnten sie „die Zukunft ihrer Länder bewahren, indem sie die Konsumenten und Nicht-Konsumenten von Tabak gegen diese tödlichen Produkte schützen“. Dadurch würden auch Mittel für die Gesundheitsversorgung und andere Sozialausgaben frei.
Die WHO plädiert unter anderem für Werbeverbote für Tabak sowie für Rauchverbote in der Öffentlichkeit und am Arbeitsplatz. Eine der am wenigsten eingesetzten, aber zugleich wirkungsvollsten Maßnahmen sei eine Verteuerung von Zigaretten und anderen Tabakprodukten durch höhere Steuern, erklärte WHO-Vizedirektor Oleg Schestnow.
Erstmals beleuchtete die WHO auch die Folgen des Rauchens für die Umwelt. Dem Bericht zufolge sind Hinterlassenschaften des Rauchens die häufigste Art von Abfällen weltweit. Sie enthielten „mehr als 7.000 giftige chemische Produkte, die die Umwelt vergiften, darunter auch krebserregende Stoffe“, bemängelte die WHO. Außerdem sei der Tabakanbau mitverantwortlich für die Entwaldung. Pro 300 Zigaretten gehe ein Baum verloren, rechnen Fachleute in dem WHO-Bericht vor.
Zunahme junger Raucher
Eine ebenfalls heute veröffentlichte Umfrage der EU-Kommission zeigt erstmals seit 2014 wieder eine Zunahme von jungen Rauchern. Nach Angaben der EU-Kommission sterben in der Europäischen Union jährlich 700.000 Menschen an den Folgen des Rauchens. Unter den 15- bis 24-Jährigen greifen der Erhebung zufolge 29 Prozent zur Zigarette. Noch vor drei Jahren tat dies nur ein Viertel der Jugendlichen.
Insgesamt bleibt die Zahl der Raucher in der EU aber auf dem selben Niveau wie 2014: 26 Prozent der Befragten gaben an, Tabak zu konsumieren, 20 Prozent outeten sich als ehemalige Raucher. Ungleich höher fällt ihr Anteil der Umfrage zufolge in Südeuropa aus. Während etwa in Griechenland 37 Prozent zum Glimmstängel greifen, tun dies in Schweden nur sieben Prozent.
Griechen rauchen in Bars
Im Durchschnitt rauchen die Europäer etwa 14 Zigaretten am Tag, 2014 waren es noch fast 15. Rückläufig ist laut den Angaben auch das Rauchen in der Öffentlichkeit – nur ein Fünftel der Befragten hatte dies in Bars erlebt, in Restaurants nur neun Prozent. Im Süden Europas bleibt Tabakkonsum in Kneipen hingegen die Norm: In Griechenland gaben 87 Prozent der Interviewten an, dass in Bars geraucht werde.
Während die meisten Raucher ihrer Sucht bereits vor der Volljährigkeit verfallen, hört ein großer Teil der früheren Raucher im mittleren Alter auf. Mehr als die Hälfte der derzeitigen Tabakkonsumenten hatte der Umfrage zufolge vergeblich versucht, ihr Laster aufzugeben.
BÄK: Folgen ernst nehmen
„Jährlich sterben 121.000 Menschen in Deutschland an den Folgen des Tabakkonsums. Dennoch drücken sich die politisch Verantwortlichen vor einer Entscheidung gegen Außenwerbung für Zigaretten“, bemängelte Josef Mischo, Vorsitzender der Bundesärztekammer-Arbeitsgruppe Sucht und Drogen. Man müsse sich fragen, ob wirtschaftlichen Interessen ein höherer Stellenwert eingeräumt werde als der Gesundheit der Bevölkerung.
Mischo kritisierte, dass die Übernahme einer EU-Richtlinie gegen Tabakaußenwerbung seit Monaten verschleppt wird. Damit sei Deutschland das letzte EU-Land, das Plakatwerbung für Zigaretten noch erlaubt. „Trotz des potenziell tödlichen Produkts wirbt die Tabakindustrie mit dem gefährlichen Image von Freiheit, Spaß und Individualität um junge Kunden“, sagte Mischo.
Die Ärzteschaft fordert auch ein strafbewehrtes Rauchverbot in Autos einzuführen, wenn Kinder und Jugendliche mitfahren. Zahlreiche wissenschaftliche Studien konnten Mischo zufolge einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Passivrauchbelastung und schwerwiegenden gesundheitlichen Risiken von Kindern und Jugendlichen nachweisen. © dpa/afp/aerzteblatt.de

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