Medizin
Zahnimplantate: Kaugummi-Schnelltest erkennt Entzündungen
Mittwoch, 16. August 2017
Würzburg – Ein spezielles Kaugummi, das bei einer Entzündung im Mundraum einen Bitterstoff freisetzt, könnte Träger von Zahnimplantaten frühzeitig vor einer Lockerung warnen. Ein Prototyp wurde in Nature Communications (2017; doi: 10.1038/s41467-017-00340-x) vorgestellt.
Zahnimplantate haben sich zu einer beliebten Alternative zum konventionellen Zahnersatz durch Brücken oder Prothesen entwickelt. Schätzungen zufolge sollen in Deutschland pro Jahr bereits mehr als eine Million künstliche Zahnwurzeln im Kiefer eingebracht werden.
Die Verankerung im lebenden Knochen zieht bisweilen Komplikationen nach sich: Bei sechs bis fünfzehn Prozent der Patienten kommt es nach einigen Jahren zu einer Mukositis oder sogar zu einer Peri-Implantitis. Verursacht wird die Entzündung von Bakterien; schlimmstenfalls zerstört sie das weiche Gewebe und den Knochen rund um das Implantat.
Eine Diagnose ist derzeit nur beim Zahnarzt möglich. Zum Einsatz kommt beispielsweise ein Schnelltest für die Matrix-Metalloproteasen MMP-8. Dieses Enzym wird vom entzündlichen Gewebe freigesetzt. Es lässt sich biochemisch leicht nachweisen. Der Test erfordert jedoch den regelmäßigen Besuch beim Zahnarzt, zu dem Implantatträgern geraten wird.
Bitterer Geschmack als Warnzeichen
Günstiger wäre ein Test, den die Patienten überall und jederzeit selbst durchführen könnten („anyone, anywhere, anytime“). Pharmazeuten der Universität Würzburg schlagen einen Kaugummi vor, der das Labor ersetzt und die notwendige chemische Reaktion vor Ort in der Mundhöhle durchführt.
Das Kaugummi, das ein Team um Lorenz Meinel von der Abteilung für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie entwickelt hat, enthält als Sensor Denatonium, die bitterste bekannte Substanz. Der Bitterstoff ist im Kaugummi fest an ein Peptid gebunden, sodass das Kaugummi normalerweise einen neutralen Geschmack hat. Auch der Speichel eines gesunden Menschen kann den Bitterstoff nicht vom Träger lösen. Dies ändert sich, wenn der Speichel das Enzym MMP-8 enthält.
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Dann kommt es zu einer zweifachen Abspaltung am Sensor und zur Freisetzung von Denatonium. Der bittere Geschmack soll als Warnzeichen dienen, das den Patienten zum Zahnarztbesuch motiviert, der dann die Diagnose bestätigt und die Entzündung behandelt.
Diese Art von Früherkennung könnte helfen, schwerwiegende Komplikationen wie Knochenschwund zu verhindern, hofft Meinel. Der klinische Beweis steht noch aus. Bisher wurden nur Speichelproben von Patienten mit Mukositis oder Peri-Implantitis im Labor untersucht. Die Ergebnisse waren jedoch so eindeutig, dass die Forscher bereits über die Gründung einer Firma nachdenken. Wenn weitere Studien den Nutzen bestätigen, könnte der Test in zwei bis drei Jahren reif zur Vermarktung sein. © rme/aerzteblatt.de

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