Ärzteschaft
Ärztinnenbund mahnt Kulturwandel an
Freitag, 6. Oktober 2017
Berlin – Ärztinnen sind bei der Gestaltung und Bewältigung der vielfältigen Aufgaben im Gesundheitswesen nicht wegzudenken. Zugleich sind sie in vielen Gremien aber nicht ausreichend repräsentiert. Das hat Christiane Groß, Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes, heute anlässlich des 35. Kongress in Berlin moniert. Sie forderte einen „Kulturwandel“. Perspektivisch müsse sich ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in Führungspositionen wie etwa bei Chefärztinnen, in Klinikleitungen, den Gremien ärztlicher Selbstverwaltung und in der Wissenschaft widerspiegeln, sagte sie.
Der Einsatz von Ärztinnen für gleiche Karrierechancen und für familienfreundliche Arbeitsbedingungen sei – trotz mancher wichtiger Erfolge – auch weiterhin erforderlich, betonte auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) in seinem schriftlich übermittelten Grußwort. Der Blick in Arztpraxen, Krankenhäuser und Hörsäle zeige, dass die Medizin in Deutschland weiblicher geworden sei. Dennoch sei man von einer angemessenen Beteiligung von Frauen an den Leitungsaufgaben an Kliniken, Universitäten, in der Selbstverwaltung und in den berufsständischen Organisationen noch weit entfernt, räumte auch der Minister ein.
Aufforderung, sich einzumischen
Regina Kraushaar von der Abteilung „Pflegesicherung und Prävention“ des Bundesgesundheitsministeriums wies auf wichtige Veränderungen hin, die in der vergangenen Legislaturperiode auf den Weg gebracht wurden. Dazu gehören beispielsweise die Ausweitung der Vertretungsregelung für Ärztinnen nach der Entbindung von sechs auf zwölf Monate, aber auch die Möglichkeit, während der Kindererziehungszeiten Entlastungsassistentinnen oder -assistenten bis zu drei Jahre einzustellen.
Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz seien zudem Maßnahmen beschlossen worden, mit denen sich die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung verbesserten, sagte sie. Ferner verwies Kraushaar auf die jüngst beschlossene Weiterentwicklung des Mutterschutzes, die Anfang 2018 in Kraft tritt. Chancen für die gesundheitliche und pflegerische Versorgung sowie neue Aufgaben eröffne in den nächsten Jahren die Digitalisierung. „Mischen Sie sich weiter ein“, betonte Kraushaar.
Günther Jonitz, Präsident der Ärztekammer Berlin, begrüßte, dass die Zahl der weiblichen Medizinstudierenden ebenso kontinuierlich zunehme wie die der berufstätigen Ärztinnen. Damit nehme aus seiner persönlichen Wahrnehmung auch die zwischenmenschliche Kompetenz zu. Das von ihm beobachtete „Revierverhalten“ einiger männlicher Kollegen sei dagegen kontraproduktiv.
Die Ärztekammer Berlin denke derzeit über Kurse zur ärztlichen Führung speziell für Ärztinnen nach. Denn Frauen in Führungspositionen seien noch kein Selbstläufer. „Oft verhindert die doppelte Verantwortung für Familie und Beruf ein zusätzliches Engagement – gleichwohl möge es versucht werden“, betonte Jonitz. Die ärztliche Selbstverwaltung brauche jedoch dringend weibliches Engagement, auch gegen männliche Egoismen.
Den niedrigen Anteil von Frauen in Führungspositionen im Arztberuf, fokussiert auch der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) in seinem aktuellen Thinktank-Themendossiers „Mehr Frauen in ärztlichen Führungspositionen dringend benötigt“. Nach Ansicht der BDU-Experten ist ein deutliches Umdenken notwendig. Vor allem müssten die beruflichen Rahmenbedingungen umgehend attraktiver und auf die heutigen Bedürfnisse hin angepasst werden.
Die nachrückenden jungen Ärztinnen legten zum Beispiel mehr Wert auf Freizeit und berechenbare Arbeitszeiten. Sie stünden traditionellen Hierarchien kritisch, Teamarztmodellen aber aufgeschlossen gegenüber, analysieren sie. Ein generelles Umdenken in den Führungsetagen der Gesundheitsdienstleister sei nötig. Ein modernes, innovatives Klinikmanagement müsse dem deshalb mit flexibleren Organisations-, Arbeits- und Weiterbildungsformen mit einer Reihe von Maßnahmen Rechnung tragen.

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