Medizin
Extremitäten: Ibuprofen plus Paracetamol lindern Schmerzen wie Opiat
Mittwoch, 8. November 2017
Albany – Patienten, die nach einer akuten Verletzung des Bewegungsapparates in der Notfallambulanz eintreffen, benötigen in der Regel keine Opiate. In einer randomisierten Vergleichsstudie im US-amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2017; 318: 1661-1667) erzielte eine Kombination aus Ibuprofen und Paracetamol eine gleich gute analgetische Wirkung.
Die derzeitige Opiat-Epidemie in den USA mit fast 500.000 Todesfällen durch Überdosierungen seit dem Jahr 2000 wurde zu einem großen Teil durch die freizügige Verordnung von Opiaten in der Schmerztherapie ausgelöst. Auch in den chirurgischen Notfallambulanzen wurden Opiate großzügig eingesetzt. Zeitweise wurde fast jeder fünfte Patient mit einem Opiat-Rezept entlassen.
Allen verantwortungsbewussten Ärzten ist klar, dass sich etwas ändern muss. Eine mögliche Alternative besteht darin, die Opiate mit anderen Schmerzmitteln zu kombinieren oder besser noch ganz auf die suchterzeugenden Wirkstoffe zu verzichten.
Andrew Chang vom Medical College in Albany nördlich von New York und Mitarbeiter haben in zwei Notfallambulanzen in der Bronx 411 Patienten mit häufigen Verletzungen der Extremitäten (Frakturen, Verstauchungen, Zerrungen und Muskelschmerzen) auf vier unterschiedliche Schmerzbehandlungen randomisiert.
In drei Gruppen wurden die Opiate mit Paracetamol kombiniert: Die Patienten erhielten 5 mg Oxycodon plus 325 mg Paracetamol, 5 mg Hydrocodon plus 300 mg Paracetamol oder 30 mg Codein plus 300 mg Paracetamol. An die vierte Gruppe wurden Tabletten mit 400 mg Ibuprofen und 1.000 mg Paracetamol ausgegeben.
Der primäre Endpunkt war der Rückgang der Schmerzen auf einer numerischen Rating-Skala (NRS, 0 bis 10 Punkte) zwei Stunden nach der Einnahme. Dabei wurde ein Rückgang um mehr als 1,3 Punkte als klinisch relevante Schmerzlinderung eingestuft.
zum Thema
- Abstract der Studie im JAMA
- Pressemitteilung des Albany Medical College
- Pressemitteilung von JAMA
- Registrierung der Studie
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Ergebnis: Alle vier Behandlungen linderten die Schmerzen. Der Rückgang auf der NRS betrug nach Gabe von Ibuprofen plus Paracetamol im Durchschnitt 4,3 Punkte (95-Prozent-Konfidenzintervall 3,6 bis 4,9). Die Schmerzlinderung war damit fast identisch wie nach der Gabe von Oxycodon- und Paracetamol, wo ein Rückgang um 4,4 Punkte (3,7-5,0) erreicht wurde. Hydrocodon plus Paracetamol (minus 3,5 Punkte, 2,9-4,2) und Codein plus Paracetamol (minus 3,9 Punkte, 3,2-4,5) waren unwesentlich schwächer wirksam.
Für Chang zeigen die Ergebnisse, dass es in der Behandlung von akuten Extremitätenschmerzen keine klinisch bedeutsamen Unterschiede zwischen den vier Schmerzmittelkombinationen gibt. Durch die Kombination von Ibuprofen plus Paracetamol könne ganz auf Opiate verzichtet werden, ohne dass die Patienten stärkere Schmerzen erdulden müssten.
Die Kombination sei auch wegen der unterschiedlichen Wirkmechanismen der beiden Mittel sinnvoll. Ibuprofen ist ein peripher wirkendes Antiphlogistikum, das auch die entzündliche Schwellung mildert. Die analgetische Wirkung von Paracetamol kommt vermutlich auf zentraler Ebene im Gehirn und im Rückenmark zustande. © rme/aerzteblatt.de

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