Vermischtes
ARD-Film löst Streit über Umgang mit mangelnder Krankenhaushygiene aus
Mittwoch, 8. November 2017
Berlin – Die ARD wird am kommenden Mittwoch um 20:15 Uhr den Film „Götter in Weiß“ ausstrahlen. Darin kommt eine Oberärztin einer chirurgischen Abteilung Hygienemängeln auf ihrer Station auf die Spur, die offenbar verschleiert werden sollen. Die Ärztekammer Berlin hat den Film gestern in einer Vorabvorführung gezeigt und im Anschluss mit den Filmemachern sowie mit Vertretern des Gesundheitssystems über das Problem mangelnder Krankenhaushygiene diskutiert.
Christian Brandt, Direktor des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin bei Vivantes, nannte zunächst Zahlen, um das Ausmaß des Problems einzuordnen. „Man geht etwa von einer halben Million nosokomialen Infektionen pro Jahr in deutschen Krankenhäusern aus, von denen die meisten aber glimpflich verlaufen“, sagte er. Die Zahl der Todesfälle infolge nosokomialer Infektionen einzugrenzen, sei schwer, weil oft nicht zweifelsfrei geklärt werden könne, ob die zumeist schwer kranken Patienten mit einer Infektion oder an einer Infektion gestorben seien. Schätzungen reichten von etwa 10.000 bis 20.000 Todesfällen pro Jahr.
Krankenhausgesellschaft: Film ist unrealistisch
Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, schränkte diese Zahlen noch einmal ein. Er ging von 3.000 bis 4.000 vermeidbaren Infektionsfällen mit Todesfolge aus, die 20 Millionen Krankenhausfällen pro Jahr gegenüberständen. Baum betonte zudem, dass nosokomiale Infektionen nicht allein ein Problem des deutschen Krankenhauswesens seien. Im Gegenteil: In Deutschland träten sie vergleichsweise selten auf.
Baum kritisierte, dass der Film ein unrealistisches Bild eines Krankenhauses zeichne, wodurch bei den Zuschauern Misstrauen und Ängste geschürt würden. Der Regisseur des Films, Elmar Fischer, warf Baum hingegen vor, dass er die Zahl der Opfer von nosokomialen Infektionen einfach so in den Raum stelle. „Das sind alles Menschen, die gestorben sind“, betonte Fischer. „Ich finde das schrecklich.“
Jonitz: Der Kostendruck ist das Problem
„Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir sagen: Es gibt kein Problem“, sagte auch der Präsident der Ärztekammer Berlin, Günther Jonitz. Das Problem mangelnder Hygiene in deutschen Krankenhäusern habe seine Ursache im Kostendruck, den die Gesundheitspolitik ins System gebracht habe. Auch in dem Film werden hygienische Mängel mit der wirtschaftlichen Situation des Krankenhauses in Zusammenhang gebracht, das rote Zahlen schreibt.
Thomas Werner, Vorstandsmitglied der Ärztekammer Berlin, benannte einen der Gründe des Kostendrucks. „Die duale Krankenhausfinanzierung funktioniert nicht“, kritisierte er. „Wir erhalten von den Bundesländern nicht die Gelder, die wir erhalten müssten.“ In der Folge werde beim Personal gespart, vor allem beim Pflegepersonal. Nachts komme es dann vor, dass sich eine Pflegekraft um 30 Patienten kümmere. „Und dann ist zu wenig Zeit, um alle hygienischen Vorschriften einhalten zu können“, sagte Werner.
Sie machen mich wütend. Claudia Michelsen
In einer Nebenhandlung wird eine weitere Folge des Kostendrucks gezeigt: Eine ältere Patientin wird von einem Oberarzt dazu gedrängt, sich an der Wirbelsäule operieren zu lassen, weil das für das Krankenhaus lukrativer ist, als eine konservative Behandlung anzuordnen. DKG-Hauptgeschäftsführer Baum stellte ein solches Szenario in Abrede: „Es werden keine Patienten zu Unrecht operiert.“
Dafür wurde er von der Schauspielerin Claudia Michelsen kritisiert, die in „Götter in Weiß“ die Hauptrolle spielt. „Würden Sie abstreiten, dass Patienten produziert werden?“, fragte sie erregt. Alleine in ihrem Umfeld gebe es viele Beispiele dafür. „Ich weiß nicht, in welcher Blase Sie sich bewegen“, sagte Michelsen. „Sie machen mich wütend.“
Baum betonte, dass Patienten ausreichend über alternative Behandlungsoptionen aufgeklärt werden müssten. „Wenn dies geschehen ist, ist es für mich in Ordnung, wenn in einem Fall operiert und in einem anderen konservativ verfahren wird“, sagte er.
Jonitz erklärte abschließend, dass Ärztinnen und Ärzte lernen müssten, den Mut aufzubringen, um von ihnen beobachtete Fehler, zum Beispiel hygienische Mängel, im Rahmen von anonymen Fehlermeldesystemen zu melden. © fos/aerzteblatt.de

mangelnde Krankenhaushygiene
Was nicht in den Köpfen und im Unterbewusstsein der Menschen verankert ist (Erziehung!), funktioniert auch nicht auf Grund irgendwelcher Aushänge oder "Belehrungen".

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