Ausland
Opfer unter Kindern in Syrien nehmen zu
Donnerstag, 14. Dezember 2017
Neu-Löwen – Im Syrien-Konflikt war 2016 jedes vierte zivile Todesopfer ein Kind. Von dieser Schätzung gehen Forscher um Leitautorin Debarati Guha-Sapir an der Université catholique de Louvain aus. Sie veröffentlichten ihre Daten in The Lancet Global Health (doi: 10.1016/S2214-109X(17)30469-2).
Der Syrien-Konflikt startete 2011 mit zunächst friedvollen Protesten, weitete sich jedoch schnell zu einem bewaffneten Konflikt aus, in dem Rebellen, extremistische Splittergruppen, Regierungseinheiten und terroristische Organisationen gegeneinander kämpften. Eine besonders verheerende Wirkung für die Bevölkerung hatten Flächenbombardements, die teilweise direkt die Städte trafen.
Oft Angriffe auf medizinische Einrichtungen
Die Angriffe der syrischen Regierung richteten sich oft direkt gegen Zivileinrichtungen wie Krankenhäuser. Die Forscher untersuchten, wie sich die Zahl der gewaltsamen Toden zwischen 2011 und 2016 in Syrien entwickelte. Die Daten wurden vom Violence Documentation Center in der Schweiz erhoben, welches von einer regierungsunabhängigen Gruppe aus 30 bis 35 Mitarbeitern geführt wird.
Die Gruppe konnte in Nicht-Regierungsgebieten in den ersten sechs Jahren des Konfliktes 143.630 Tote dokumentieren. Davon waren 70,6 Prozent der Todesopfer Zivilisten, während die restlichen 29,4 Prozent Kombattanten waren. Unter den Zivillisten waren 71,9 Prozent der Opfer Männer, 17,2 Prozent Kinder und 11 Prozent Frauen. Je länger der Krieg andauerte, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass auch Kinder betroffen waren. Zwischen 2011 und 2016 ist die relative Opferzahl unter Kindern von 9,0 Prozent auf 23,3 Prozent gestiegen.
Die Großteil der Toten wurde durch Bombardements der syrischen Regierung verursacht. Unter den Zivillisten kamen 57,3 Prozent der Opfer durch Bomben um. Bei den Kombattanten lag diese Rate bei 9,6 Prozent. Am stärksten war Aleppo betroffen.
Als besonders desaströs erwies sich die Wirkung von Fassbomben. Hierbei handelt es sich um billige improvisierte Sprengmittel mit Splitterwirkung. Sie ziehen auf Grund ihrer geringen Präzision häufiger Zivilisten in Mitleidenschaft. 97,2 Prozent aller Getöteten durch Fassbomben waren Zivilisten. Hiervon waren 27,3 Prozent Kinder. Die Forscher stellten außerdem fest, dass sich oft Zweitbombardements kurz nach einem ersten Schlag ereigneten. So sollten beispielsweise heraneilende Hilfskräfte getroffen werden.
Die Bombardements haben der Zivilbevölkerung massiv geschadet, während die Wirkung auf Kombattanten gering war. Dies weise darauf hin, dass die Sprengmittel von der syrischen Regierung gezielt gegen Zivilisten eingesetzt wurden. Die syrische Regierung streitet den Einsatz von Fassbomben ab. Seit 2014 ist die durchschnittliche Lebenserwartung in Syrien durch den Krieg um 20 Jahre gesunken. Um künftig die Zivilbevölkerung vor dem Krieg zu schützen ist die Beendigung der Bombenangriffe die wichtigste Maßnahme, so das Fazit der Forscher. © hil/aerzteblatt.de

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