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Politik

Gesetzgeber will Ärzten und Krankenkassen auf die Finger schauen

Freitag, 19. Januar 2018

Hermann Gröhe /Lopata

Berlin – Ärzte und Krankenkassen müssen den Willen des Gesetzgebers umsetzen. Das hat der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gestern Abend beim Neujahrsempfang der deutschen Ärzteschaft in Berlin klargestellt. Der Gesetzgeber werde darauf achten, dass von ihm gemachte Vorgaben auch umgesetzt würden, erläuterte der Minister.

Wenn es bei Testanrufen der Patientenbeauftragten bei den Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zu oft „kein Anschluss unter dieser Nummer“ heiße, dann müsse „nachgeregelt“ werden, sagte Gröhe. Die Patientenbeauftragte Ingrid Fischbach hatte nach einer nichtrepräsentativen Stichprobe bemängelt, die Terminservicestellen seien zu oft nicht erreichbar gewesen. Die KVen hatten erklärt, dies prüfen zu wollen, aber zugleich betont, dass sie die Vorgaben umsetzen.

Ausschreibungen von Kassen auf dem Prüfstand

Gröhe machte auch deutlich, dass der Gesetzgeber Versuche der Krankenkassen nicht hinnehmen werde, Reformen zu untergraben. Wenn beim Heil- und Hilfsmittelgesetz vorgegeben sei, die Leistungen für die Versicherten zu verbessern, dann dürfe dies nicht anschließend „in fragwürdigen Ausschreibungsverfahren versucht werden kleinzuschreddern“, sagte Gröhe.

Man werde darauf achten, ob die geforderten Verbesserungen für die Vesorgung gesetzlich Versicherter auch ankämen. Gröhe bezieht sich dabei auf Ausschreibungen der Krankenkassen zu Stomaversorgung sowie Beatmungs- und Atemtherapiegeräten, die gerade vom Bundesversicherungsamt überprüft werden. Die Aufsicht hatte Zweifel an der Rechtmäßigkeit geäußert. Die Kassen weisen dies zurück.

Nein zur Bürgerversicherung gilt

Gröhe bekräftigte beim Neujahrsempfang zudem noch einmal das Nein von CDU und CSU zur Bürgerversicherung. Die Union habe sich „klar gegen gesundheitspolitisch wie verfassungsrechtlich fragwürdige Systemwechsel hin zu einer Bürgerversicherung entschieden“. Ein Systemwechsel würde möglicherweise über Jahre hinweg eher davon abhalten, die Handlungsbedarfe, die es im Gesundheitswesen gebe, in Angriff zu nehmen. Am Ende müsse man zudem abwarten, was das Bundesverfassungsgericht in Karslruhe möglicherweise zu Altersrückstellungen in der privaten Krankenversicherung oder Eingriffe in die Vertragsfreiheit entscheiden würde, so Gröhe.

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Auch wenn er einen Wechsel des bestehenden Systems ablehne, bedeute das nicht, dass alles so bleiben könne wie bisher. Wichtige Baustellen seien etwa die Versorgung mit Ärzten im ländlichen Raum oder die Frage, ob vielversprechende neue Behand­lungs­methoden schnell für die Versorgung gesetzlich Versicherter zur Verfügung stehen. „Natürlich gibt es Hausaufgaben“, erklärte der geschäftsführende Bundes­gesundheitsminister.

Am Ende gehe es um die Frage, wie man das Gesundheitssystem zukunftsfest machen könne und mediznischer Fortschritt in guter Weise verfügbar werde. Oberste Priorität sei dabei, die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern, sagte Gröhe.

Frank Ulrich Montgomery /Lopata

Dafür werde man für bestimmte Leistungen mehr Geld in die Hand nehmen müssen, was so manchen Kosten­trägern schwer fallen werde. Zugleich sei nur mehr Geld allein nicht die richtige Antwort in einem System, das leistungsstark sei, aber auch auf Dauer finanzierbar bleiben müsse. Gröhe betonte, es gelte Innovationen in den Blick zu nehmen, die zum Beispiel Handlungsabläufe verbesserten, die Mannschaftsleistung förderten und die Qualität verbesserten. Der Minister erhofft sich vom Innovationsfonds, dass Ideen in der Praxis getestet werden, die zur einer Weiterentwicklung des Gesundheitswesen führen.

Zu den Sondierungsgesprächen betonte Gröhe, diese hätten ein „gutes“ Ergebnis hervorgebracht, das eine gute Grundlage für die weitere Zusammenarbeit sein könne. Dem stimmte Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), gestern Abend ausdrücklich zu. Er sprach von einem „respektablen Arbeitspapier“, das die Sondierungsparteien erarbeitet hätten.

Wir haben das gerechteste Gesundheitssystem der Welt. Frank Ulrich Montgomery

Es sei richtig, die Pfege zu stärken. Auch müsse die Vernetzung und die Zusammen­arbeit verbessert werden. Dabei komme es aber auf das „Wie“ an. Zum Beispiel bei der Notfallversorgung werde man am Ende ablesen können, wie Ernst die sektorenüber­greifende Versorgung gemeint sei. Richtig sei auch, dass der Staat mehr Geld für Arbeitslosengeld-II-Bezieher an die gesetzliche Krankenversicherung bezahlen werde, erkärte Montgomery.

Besonders gut sei, dass mit dem Nein zur Bürgerver­sicherung auf „ideologische Kapriolen“ verzichtet werde. Der BÄK-Präsident betonte, diese Debatte werde mit der „völlig absurden“ Behauptung geführt, es gebe in Deutschland ein ungerechtes Gesundheitssystem. Das Gegenteil sei der Fall. Nirgendwo auf der Welt erhielten Patienten so hohe Leistungen in so hoher Qualität ohne nennenswerte finanzielle Barrieren. „Wir haben das gerechteste Gesundheitssystem der Welt“, sagte er.

Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassen­ärztlichen Bundesvereinigung (KBV), betonte, es gebe zwar immer Verbesserungsbedarf wie etwa bei der Digitalisierung im Gesundheits­wesen. Aber man sei in vielen Bereichen „auf einem guten Weg“. Wichtig sei „gemeinsam“ mit allen Akteuren die Probleme anzugehen. © may/aerzteblatt.de

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