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Politik

Pflegeberufsstand soll von Ärzteschaft lernen

Dienstag, 23. Januar 2018

/dpa

Berlin – Der Direktor des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (DIP) hat gefordert, dass sich die Pflegekräfte in Deutschland ein Vorbild an der Ärzteschaft nehmen und sich besser organisieren sollen. „Die Pflege muss von den Ärzten lernen“, sagte Frank Weidner kürzlich auf dem „Springer Kongress Pflege“ in Berlin.

„Die Ärzteschaft hat es geschafft, die Zahl der Ärztestellen in den Krankenhäusern trotz massiven ökonomischen Drucks auszuweiten“, sagte Weidner. Seit 2004 seien 35.000 ärztliche Stellen in den Krankenhäusern hinzugekommen. „Geschafft haben sie das, weil sie besser organisiert sind“, erklärte er. Zudem habe der Marburger Bund dafür gesorgt, dass auch die ärztlichen Gehälter gestiegen seien. „Das war richtig“, betonte der DIP-Präsident. „Ich gönne das der Ärzteschaft. Aber in der Pflege ist es in die genau andere Richtung gelaufen.“

Eine Pflegekraft für 60 Patienten

So seien in den Krankenhäusern bis vor zehn Jahren massiv Stellen in der Pflege abgebaut worden: etwa 50.000 Vollzeitstellen. Danach habe die Politik versucht zu korrigieren. Seither seien 25.000 Vollzeitstellen wieder aufgebaut worden. Doch das reiche nicht. „Heute kommen zwei Pflegekräfte auf einen Arzt“, sagte Weidner. „1995 waren es noch 3,5 Pflegekräfte.“

Zudem müsse sich eine Pflegekraft heute um 60 Patienten im Jahr kümmern. 1995 seien es noch 45 Patienten gewesen. „Die Pflege stellt die größte Gruppe im Krankenhaus und doch steht sie am schlechtes­ten da“, kritisierte Weidner. „Das ist der Ausdruck einer Misere, in die wir seit Jahren hineingewachsen sind.“ Heute sei es deshalb so weit, dass Krankenhäuser ganze Stationen schließen müssten, weil sie nicht genug Pflegekräfte bekämen.

Über Begrenzungen sprechen

Die Pflegedirektorin des Universitätsklinikums Dresden, Jana Luntz, gab dazu ein Beispiel aus ihrem Krankenhaus: „Bislang hatten wir in Dresden immer genügend Mitarbeiter in der Pflege. Doch das ändert sich gerade.“ Heute dauere es in ihrem Klinikum etwa acht bis zehn Wochen, bis eine freie Stelle in der Pflege wiederbesetzt werden könne.

In der Folge müssten manchmal Betten unbelegt bleiben – aller­dings gebe es keine Schließung von Stationen. „Wir beschäftigen uns aufgrund des Personalmangels damit, was wir mit den Patienten machen und was wir unterlassen“, sagte Luntz. „Das sind sehr schwierige Entscheidungen. Wir haben eine bestimmte Vorstellung von der Ausübung unseres Berufes: Wir wollen unseren Patienten helfen. Dann über Begrenzungen sprechen zu müssen, ist sehr schwierig.“

Stationsschließungen im großen Stil

„Es gibt Krankenhäuser, die in großem Stil Stationen schließen müssen, weil sie sie nicht mit Pflegepersonal besetzen können“, sagte der Vorsitzende der Initiative Gesundheitswirtschaft, Heinz Lohmann. „Das hat dazu geführt, dass diese Kranken­häuser in die roten Zahlen geraten sind.“ In diesem Jahr werde der Druck dabei noch größer werden.

Luntz erklärte, dass es in der Vergangenheit eine enorme Leistungsverdichtung im pflegerischen Bereich gegeben habe. „Die Arbeitsbedingungen haben sich verschlech­tert“, betonte sie. „Pflegekräfte müssen sehr viele Patienten versorgen. Dadurch können sie die Qualität der Versorgung nicht in dem Maße sicherstellen, wie sie es sich wünschen.“

„Sowohl die demografische Entwicklung der Patienten als auch die Möglichkeiten der modernen Medizin haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten stark verändert“, erklärte der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Pflegemanagement, Peter Bechtel. „Heute vermitteln wir den Eindruck: Egal, wie alt und krank die Patienten sind – bei uns gibt es alles. Das hat aber natürlich Konsequenzen für die pflegerische Versor­gung dieser Patienten.“ So gebe es in den Krankenhäusern heute einen extrem erhöh­ten Pflegeaufwand.

Höhere Vergütung und mehr Ausbildungsplätze

„Wir haben zahlreiche Befragungen von Pflegekräften durchgeführt“, sagte DIP-Direktor Weidner. „Dabei ist herausgekommen, dass viele nicht das umsetzen können, was sie unter einer guten Pflege verstehen. Das kommt bei der aktuellen Qualitätsdebatte im Krankenhaus viel zu kurz. Und die Pflegenden leiden darunter.“ Jetzt sei die Frage: Wie kommen wir wieder aus dieser Situation heraus?

Das DIP hat in diesem Zusammenhang einen „Masterplan Pflege“ eingefordert. „Die Vergütungen für Pflegefachpersonal, insbesondere für Beschäftigte in der Altenpflege, sollen spürbar um bis zu 30 Prozent angehoben werden“, heißt es darin. „Zugleich sollen bis zum Ende der kommenden Legislatur bis zu 100.000 zusätzliche Stellen etwa hälftig zum einen in den Krankenhäusern und zum anderen in den Altenheimen und der ambulanten Pflege entstehen können.“ Das setze voraus, dass in die Ausbildung der Pflege investiert und die Zahl der Auszubildenden erheblich gesteigert werde.

Die Kosten für einen solchen Masterplan schätzt das DIP auf etwa zwölf Milliarden Euro jährlich ab dem Jahr 2020. „Die Finanzierung soll zu gleichen Teilen von den gesetzlichen und privaten Kranken- und Pflegeversicherungen durch entsprechende Beitragssatzsteigerungen beziehungsweise –umschichtungen sowie durch zusätzliche Steuermittel von Bund und Ländern aufgebracht werden“, schreibt das DIP. In einem zweiten Schritt müssten sich dann alle Beteiligten, unter anderem auch Arbeitgeber und Gewerkschaften, an einen Runden Tisch setzen, um zum Beispiel die erhöhten Vergütungen auf den Weg zu bringen.  

Änderungen im Konsens mit der Pflegedirektion umsetzen

Der Ärztliche Direktor und Geschäftsführer des Unfallkrankenhauses Berlin, Axel Ekkernkamp, forderte die Geschäftsführer von Krankenhäusern dazu auf, im Konsens mit der Pflegedirektion die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte zu verbessern. Der Instrumentenkasten dafür sei groß. Im Unfallkrankenhaus Berlin seien zum Beispiel mehr Praxisanleiter angestellt und auf Anregung der Pflegekräfte ein Transportdienst eingerichtet worden. Darüber hinaus müssten auch die Servicekräfte im Krankenhaus besser bezahlt werden. © fos/aerzteblatt.de

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