Politik
Gründliche und ausgewogene Patientenaufklärung bei Rekrutierung zu randomisierten Studien essenziell
Dienstag, 23. Januar 2018
Berlin/Köln – Ein Autorenteam des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) betont im Deutschen Ärzteblatt (Dtsch Arztebl 2018; 115(3): A-70) die besondere Bedeutung einer ausführlichen und ausgewogenen Patientenaufklärung bei der Rekrutierung zu randomisierten klinischen Studien (RCT).
„In der Regel wird ein ‚Equipoise‘ – zu deutsch: ‚Gleichgewicht‘ oder ‚Gleichwertigkeit‘ – zwischen zwei alternativen medizinischen Interventionen als die zentrale ethische Voraussetzung für eine RCT angesehen“, schreiben die IQWiG-Autoren Stefan Lange, Stefan Sauerland, Jörg Lauterberg und Jürgen Windeler. Der Grund: Ohne diese zumindest angenommene Gleichwertigkeit wäre es unethisch, Patienten in eine der Gruppen aufzunehmen – nämlich in jene mit dem als minderwertig eingeschätzten Verfahren.
Gesamtbilanz wichtig
„Aber worauf bezieht sich das Gleichgewicht? Eine Bewertung umfasst nicht nur einen Nutzenaspekt, zum Beispiel die Verlängerung des Überlebens, sondern zielt auf eine Gesamtbilanz aus nützlichen und schädlichen Effekten einer Intervention“, schreiben die IQWiG-Autoren weiter.
Diese „Gesamtbilanz“, die forschende Ärzte in den Blick nehmen müssen, mache die Bewertung schwierig. „So kann die ‚Nebenwirkung‘ eines Arzneimittels von dem einen als belastend, von der anderen dagegen als entlastend wahrgenommen werden. Es gibt zudem keine Übereinkünfte, wie zum Beispiel, dass positive Effekte auf die Überlebenszeit mit negativen Effekten auf die Lebensqualität gewichtet werden müssen“, heißt es in dem Beitrag. Dies sei aber eine Voraussetzung, um Bilanzen vergleichen und ihre „Gleichheit“ einschätzen zu können – und mithin eine Voraussetzung, um eine RCT ethisch zu rechtfertigen.
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Die mit „Equipoise“ beschriebene Ausgangssituation, also die angenommene Gleichwertigkeit zwischen den Interventionen, kann laut den IQWiG-Autoren nicht von Gruppen und Institutionen, sondern nur von einzelnen Betroffenen bewertet werden, und zwar von denjenigen, die sich für oder gegen die Teilnahme an einer Studie entscheiden. Die zentrale Voraussetzung dabei sei „die faire Aufklärung über den gegenwärtigen Stand des Wissens, um eine informierte Entscheidung treffen zu können“, heißt es in dem Beitrag.
Voraussetzung für eine freie Entscheidungsmöglichkeit sei weiterhin, dass diese nicht mit irgendwelchen Anreizen verbunden sein dürfe. „Eine solche Entscheidung unterscheidet sich damit nicht von der Entscheidung, nach sorgfältiger, fairer Aufklärung in eine Therapie einzuwilligen oder eben nicht“, so die Autoren.
Der Artikel ist Teil einer 24-teiligen Serie des Deutschen Ärzteblattes zur Bewertung wissenschaftlicher Publikationen. © hil/aerzteblatt.de

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