NewsPolitikHonorarordnung: CDU will SPD entgegenkommen, Ärzte für Ende der Budgetierung
Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...

Politik

Honorarordnung: CDU will SPD entgegenkommen, Ärzte für Ende der Budgetierung

Dienstag, 23. Januar 2018

Volker Kauder /dpa

Berlin – Mit Blick auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen hat Unionsfraktions­chef Volker Kauder (CDU) Kompromisssignale an die Sozialdemokraten gesendet. „Bei der Gesundheitsversorgung will natürlich auch die Union Verbesserungen“, sagte Kauder den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Eine Vereinheitlichung der Ärzte­honorare lehne er aber ab. „Eine pauschale Angleichung der Arzthonorare würde vermutlich fünf Milliarden Euro kosten“, sagte er. „Die bringt uns auch nicht weiter.“ Dagegen wären „höhere Honorare für die Behandlung von Kassenpatienten“ aus seiner Sicht „ein sinnvolles Instrument“.

CDU-Präsidiumsmitglied Karl-Josef Laumann betonte, die gesetzlichen Arzthonorare auf das Niveau der privaten Kassen anzuheben, sei für den Staat nicht finanzierbar. Allerdings müsse an den langen Wartelisten für Arzttermine weiter gearbeitet werden. Reformbedarf sieht er beim Wechsel innerhalb der Privatkassen. „Wenn die private Krankenversicherung eine Zukunft haben will, muss es möglich sein, innerhalb des Systems zu wechseln und seine Altersrückstellungen mitzunehmen“, sagte der Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Der kommissarische gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Hennrich, sagte den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft, viele Wähler würden die ambulante Versorgung als Zwei-Klassen-Medizin wahrnehmen. „Eine Änderung durch eine einheitliche Gebührenordnung wäre deshalb notwendig“, sagte er. Dies wäre allerdings „ein sehr ambitioniertes Projekt“, dessen vollständige Realisierung bis zu zehn Jahre dauern könnte. Zudem dürften die vereinheitlichten Honorare nicht zulasten der Ärzte gehen, die Gesamthonorarsumme dürfe also nicht schrumpfen.

Der SPD-Sonderparteitag hatte die Parteiführung aufgefordert, in den Verhandlungen über eine neue große Koalition mehrere Punkte durchzusetzen. Dazu gehört auch die Überwindung der „Zwei-Klassen-Medizin“. Die SPD hat dabei von einer gerechteren Honorarordnung für Ärzte gesprochen. Wie genau diese Reform aussehen soll, ist aber offen.

PKV lehnt Änderungen ab

Auf Ablehnung stößt die SPD-Forderung nach einer Reform der Ärztevergütung beim Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). „Eine einheitliche Gebührenordnung wäre die Einheitsversicherung durch die Hintertür“, sagte PKV-Verbandsdirektor Volker Leienbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

„Jede Arztpraxis würde im Schnitt über 50.000 Euro pro Jahr verlieren, wenn die höheren Honorare der Privatversicherten wegfielen“, sagte Leienbach. Viele Praxen müssten schließen. „Wenn nun die SPD verspricht, es gebe dabei keine Honorar­kürzungen, dann kostet das wiederum jeden Durchschnittsverdiener in der Gesetz­lichen Krankenversicherung pro Jahr über 440 Euro mehr Beitrag.“

Bereits gestern hatte der GKV-Spitzenverband sich gegen die Erhöhung der Arzt­honorare für Kassenpatienten gestellt. „Wenn einheitliche Honorierung bedeutet, dass die gesetzlichen Krankenkassen mehr bezahlen und die privaten Krankenversicherun­gen weniger, dann lehnen wir das ab“, hatte Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbands betont. Es gebe „keinen sachlichen Grund, dass die gesetzlichen Krankenkassen über die jährlichen Honorarsteigerungen hinaus noch mehr Geld an die niedergelassenen Ärzte bezahlen sollten“.

Die Ärzte, wie etwa Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Bundesärztekammer (BÄK), hatten gestern bereits vor ideologischen Reformen gewarnt. Die KBV regte heute erneut ein Ende der Budgetierung an, um die Versorgung der Patienten zu verbessern. „Wenn es das Ziel von uns allen ist, die Versorgung nach dem Bedarf auszurichten, gilt es, eine entscheidende Prämisse unbedingt zu verändern: Der Weg der Budgetierung von Leistungen muss verlassen werden“, erklärte KBV-Chef Andreas Gassen heute.

Die Budgetierung sei geschaffen worden, um die Ausweitung von Leistungen zu verhindern. „Beginnen sollten wir mit der Abschaffung der Budgets bei den Grund­leistungen. Hier beginnt unmittelbar die Versorgung der Patienten bei Haus- und Fachärzten“, ergänzte Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV.

Ein Ende der Budgetierung forderte heute auch der NAV-Virchowbund. Deren Bundesvorsitzender Dirk Heinrich erklärte heute, eine Angleichung der Honorare, wie von der SPD gefordert, käme einer Mammutaufgabe für mehrere Legislaturperioden gleich.

Ein Projekt für Jahre

„Alle Experten – auch die der SPD – sind sich einig: eine einheitliche Gebühren­ordnung ist nicht umsetzbar; jedenfalls nicht binnen einer, nicht einmal binnen zweier Legislaturen. Fachleute schätzen, dass ein solches Projekt bestenfalls in zehn bis 15 Jahren zu verwirklichen ist“, sagte er. GKV-Budgets und PKV-Honorare seien schlicht­weg nicht kompatibel, so Heinrich.

Vom Deutschen Hausärzteverband hieß es heute in einem Rundbrief an die Mitglieder, den Hausärzten dürfe für die Versorgung „kein einziger Euro entzogen werden“. In welchem Versicherungssystem dies am Ende des Tages geschehe, sei „zunächst zweitrangig“, heißt es weiter.

Gestern Abend hatten die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD) gut eineinhalb Stunden über das weitere Vorgehen beraten. In Parteikreisen war von einem guten und konstruktiven Gespräch die Rede. Man wolle nun zügig mit den Verhandlungen beginnen. Die Teams der Unterhändler von CDU und CSU wollen sich heute in der CDU-Zentrale treffen, um ihren Kurs abzustimmen. Dagegen will die SPD erst am Donnerstag zu parteiinternen Beratungen über die anstehenden GroKo-Verhandlungen zusammenkommen. © kna/dpa/afp/aerzteblatt.de

LNS
LNS LNS

Fachgebiet

Stellenangebote

    Weitere...

    Archiv

    NEWSLETTER