Politik
Urteil zu Arzt-Bewertungsportalen erst im Februar
Dienstag, 23. Januar 2018
Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe will am 20. Februar sein neues Urteil zu Arzt-Bewertungsportalen im Internet verkünden. Das teilte der BGH nach der heutigen mündlichen Verhandlung mit. Streitig war, ob solche Portale immer eine vollständige Liste aller Ärzte anbieten dürfen, oder ob Ärzte ihre Löschung fordern können (Az.: VI ZR 30/17).
Im konkreten Fall verlangt eine Kölner Hautärztin von dem Bewertungsportal Jameda, ihr Profil komplett zu löschen. Anlass waren mehrere schlechte Bewertungen, deren Beanstandung durch die Ärztin erst nach Einschaltung eines Anwalts zur Löschung führte. Durch die Aufnahme in das Bewertungsportal sieht die Ärztin ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Dagegen argumentiert Jameda, nur „vollständige Arztlisten“ würden dem Recht der Patienten auf freie Arztwahl gerecht.
In einem vergleichbaren Streit hatte der BGH Jameda 2014 recht gegeben. Zwar greife die Speicherung der Daten in die Rechte der Ärzte ein, das große öffentliche Interesse an Bewertungsportalen wiege aber schwerer. Nach einem weiteren Urteil aus dem Jahr 2016 müssen Bewertungsportale Beanstandungen von Ärzten aber ernsthaft prüfen und unfaire Kommentare gegebenenfalls löschen. © dpa/may/aerzteblatt.de

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Es stellen sich zwei Fragen. 1.) Die Frage nach dem Schaden, der durch Jamedas Geschäfts-Praktiken entstanden ist. Wenn bei einem Gesundheits-Budget von ca. 250 Milliarden Euro pro Jahr durch Abwerbung von Patienten vorsichtig geschätzt nur ein halbes Prozent Schaden angerichtet wurde, dann beläuft sich die Gesamtsumme nach zehn Jahren auf 12,5 Milliarden Euro. Da Jameda zur Burda-Gruppe gehört, die durch die Kooperation mit der Huffington Post auch in den USA aktiv ist, könnten die zuständigen Kammern eine US-Sammelklage einreichen, um dann einen Fond für die betroffenen Praxen einzurichten.
2.) Weshalb haben BÄK und KBV 2010 in einem „Clearingverfahren Arztbewertungsportale“ Jameda gute Noten erteilt, statt vor den absehbaren Folgen eines Kombinationsportals zu warnen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Brannte das Haus noch nicht genug, um die Feuerwehr zu holen? Hatte man Angst vor einem internen Konflikt? Spitzenfunktionäre der Ärzte- und Zahnärzteschaft sitzen und saßen im Aufsichtsrat der Apotheker- und Ärztebank, welche seit vielen Jahren durch Focus Money Top-Rankings erhält. Diese einflussreiche und auflagenstarke Zeitschrift gehört genauso zur Burda-Gruppe wie Jameda. Gibt es einen Deal? Gibt es einen Interessenkonflikt?
Jedenfalls wird es Zeit, Licht ins Dunkel zu bringen, dem Spuk ein Ende zu bereiten und Fairness und Kollegialität wiederherzustellen. Dafür brauchen wir auch den Bundesgerichtshof, der am 20. Februar – hoffentlich – zu einer Neueinschätzung der Angelegenheit kommt.
Dr. Peter Gorenflos, 10551 Berlin, Turmstraße 73

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