Politik
Zweitmeinung ändert Therapie bei jedem dritten Patienten mit Hodenkrebs
Freitag, 26. Januar 2018
Frankfurt – Bei der Betreuung von Patienten mit einem Hodentumor bewährt es sich, eine qualifizierte und unabhängige Zweitmeinung eines Experten einzuholen. Das berichten die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) sowie die Techniker Krankenkasse (TK).
Danach erhält jeder dritte Patient mit Hodenkrebs eine andere Therapie, als ursprünglich vorgesehen, wenn sein behandelnder Arzt nach der Diagnose eine entsprechende Zweitmeinung einholt. Das zeigten die Erfahrungen des bundesweiten Zweitmeinungsnetzwerkes Hodentumor. In dem Online-Zweitmeinungsportal bieten aktuell fast 40 Experten der Deutschen Hodentumorstudiengruppe an, die Erstdiagnose und geplante Therapieplanung beratend zu unterstützten. Betreiber ist das Aqua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen in Göttingen.
Seltene Krebserkrankung
Hodenkrebs zählt in Deutschland mit jährlich 4.200 diagnostizierten Neufällen zu den seltenen Krebserkrankungen. Laut DGU hat die Behandlungserfahrung der Ärzte einen wichtigen Einfluss auf den Erfolg der Therapie. „Wenn noch mehr Ärzte die vereinte Expertise der Urologie-Spezialisten in Deutschland nutzen, werden wir die Versorgungsqualität bei Hodentumoren weiter verbessern“, sagte Mark Schrader, Leiter des Zweitmeinungsprojekts und Chefarzt der Urologie im Helios-Klinikum Berlin-Buch, im vergangenen Jahr.
Die TK unterstützt das Projekt mit einem besonderen Versorgungsvertrag zu einer Zweitmeinungsberatung. „Die zweite Meinung hilft, unnötige oder belastende Behandlungen zu vermeiden und verbessert so die Versorgung für die Versicherten deutlich“, begründete Barbara Voß, Leiterin der TK-Landesvertretung Hessen, das Engagement der Kasse. Durch den neuen Versorgungsvertrag könnten die behandelnden Ärzte ihren Aufwand für das Einpflegen der pseudonymisierten Patientendaten abrechnen. Auch die Arbeit des Zweitmeinungsexperten und die Nachsorgedokumentation würden von der TK honoriert.
Im Rahmen des Zweitmeinungsprojekts können Klinikärzte und niedergelassene Urologen ihre Befunde in einem Onlineportal eingeben. Innerhalb von 48 Stunden erhalten sie von einem erfahrenen Spezialisten ihrer Wahl aus dem Netzwerk eine Rückmeldung zu ihrem Therapieplan. Bei jedem dritten Patienten wird eine Änderung empfohlen. In 40 Prozent dieser Fälle konnte die Dosis der Chemotherapie reduziert werden, was die Lebensqualität der Patienten deutlich verbesserte. Einem Viertel der Patienten wurde zu einer intensiveren Behandlung geraten.
„Wenn die Zweitmeinungsberatung als Sicherheitsmaßnahme verstanden wird und nicht als Bevormundung, dann profitieren alle Beteiligten – am meisten der Patient – von diesem ergänzenden Arbeitsschritt in einer qualitätsgesicherten onkologischen Therapie beim Hodentumor“, sagte Gerson Lüdecke. Er ist leitender Oberarzt am Universitätsklinikum Gießen und im Netzwerk Zweitmeinungsgeber aus Hessen.
Laut DGU ziehen Urologen zurzeit bei jedem vierten neu diagnostizierten Hodentumor-Fall einen Spezialisten aus dem Zweitmeinungsportal hinzu. © hil/aerzteblatt.de

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