Medizin
Transgender-Frau stillt Baby ihrer Lebenspartnerin
Donnerstag, 22. Februar 2018
New York – Eine Transgender-Frau, die als Mann geboren wurde, hat erfolgreich das Kind ihrer Lebenspartnerin gestillt. Nach dem Bericht ihrer behandelnden Ärzte in Transgender Health (2018; doi: 10.1089/trgh.2017.0044) handelt es sich um eine Weltpremiere.
Die 30-jährige Transgender-Frau wandte sich bereits während der Schwangerschaft ihrer Freundin an Tamar Reisman und Zil Goldstein vom Center for Transgender Medicine and Surgery der Icahn School of Medicine in New York. Ihre Lebenspartnerin hatte erklärt, dass sie kein Interesse hätte, ihr Kind nach der Geburt zu stillen. Die Transgender-Frau äußerte den Wunsch, den Part der stillenden Mutter zu übernehmen.
Die Transgender-Frau hatte 2011 mit einer feminisierenden Hormonbehandlung begonnen. Dazu nahm sie täglich Estradiol und Progesteron ein, dazu noch Spironolacton in einer Dosis, die die Bildung von Testosteron blockiert. Sie hatte bisher keine operative Geschlechtsumwandlung („Gender affirming surgery“) durchgeführt, also auch keine Brustvergrößerung. Aufgrund der Hormonbehandlung hatten ihre Brüste das abschließende Stadium Tanner V erreicht.
Um die Brustdrüse auf eine Laktation vorzubereiten, erhöhte die Frau auf Anraten der betreuenden Ärzte die Dosis von Estradiol und Progesteron auf Werte, wie sie bei einer Schwangerschaft auftreten. Um die Prolaktin-Werte zu erhöhen, wurde der Frau das Antiemetikum Domperidon verschrieben, einem Dopamin-Antagonisten, zu dessen bekannten Nebenwirkungen eine vermehrte Prolaktinausschüttung gehört. Das Medikament musste sich die Transgender-Frau in Kanada besorgen. In den USA wird es nicht mehr angeboten, seit die FDA vor möglichen kardialen Arrhythmien gewarnt hatte.
Die Ärzte senkten die Dosis von Estradiol und Progesteron, um die Hormonumstellung bei der Geburt zu simulieren. Die Transgender-Frau wurde außerdem gebeten, mit einer Brustpumpe 3-mal täglich über 5 Minuten die Milch abzupumpen.
Zunächst produzierten die Brustdrüsen nur wenige Tropfen Milch am Tag. Nach einer deutlichen Erhöhung der Domperidondosis auf 20 mg 4-mal täglich und unter einer Tagesdosis von 8 mg Estradiol und 200 mg mikronisiertes Progesteron, wurde die Milchmenge schließlich auf 8 Unzen (226 Gramm) gesteigert.
Die Ärzte senkten die Estradioldosis auf 0,025 mg täglich und die Progesterondosis auf 100 mg täglich. Die Transgender-Frau hatte dann genügend Milch, um das Kind ihrer Frau für 6 Wochen ausschließlich zu stillen. Danach begann sie zuzufüttern. Das Kind ist mittlerweile 6 Monate alt und nach Auskunft der betreuenden Pädiater hat es sich normal entwickelt.
Reisman und Goldstein weisen auf die günstigen Wirkungen hin, die das Stillen für die Entwicklung des Säuglings, aber auch für die Mutter-Kind-Beziehung hat. Sie erwähnen aber auch die potenziellen Risiken für das Kind. Sie ergeben sich daraus, dass Spironolacton in Ratten die Bildung von Tumoren gefördert hat. Die American Academy of Pediatrics hält laut Reisman und Goldstein den Einsatz von Spironolacton in der Schwangerschaft für unbedenklich. In der Muttermilch tritt vor allem der aktive Metabolit Canrenon (0,2 % der Milch) auf.
Für die Mutter könnte die von der FDA vorgebrachte proarrhythmogene Wirkung von Domperidon von Bedeutung sein, die jedoch nur nach einer intravenösen Gabe des Medikaments aufgetreten waren. © rme/aerzteblatt.de
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