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Ärzteschaft

Verbände sprechen sich für sektoren­übergreifendes Konzept zur Notfallversorgung aus

Mittwoch, 14. März 2018

/dpa

Berlin – Die Zahl der Patienten, die eine Notaufnahme im Krankenhaus aufgesucht haben, hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf fast 25 Millionen verdoppelt. Gut die Hälfte dieser Patienten hätte ebenso gut von einem niedergelassenen Arzt versorgt werden können. „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem sich etwas ändern muss – und zwar in den Krankenhäusern und den Arztpraxen“, sagte Susanne Johna, Mitglied im Bundesvorstand des Marburger Bundes (MB) heute in Berlin. Die Ärztegewerkschaft hatte zu einem Fach- und Praxisforum zum Thema Notfallversorgung geladen.

„Die Probleme in der Notfallversorgung lassen sich nur gemeinsam lösen, in ärztlicher Kooperation über die Sektorengrenzen hinweg“, betonte die Internistin. Es sei ermu­tigend, dass Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag integrative Leitstellen und gemeinsame Notfallzentren zu gesundheitspolitischen Prioritäten erklärt hätten.

116117 und 112 vernetzen

Gemeinsame medizinische Anlaufstellen von Vertrags- und Krankenhausärzten, die am Krankenhaus angesiedelt sind, eine einheitliche Ersteinschätzung der Patienten durch geschultes medizinisch Personal, eine Vernetzung der Telefonnummern 116117 für den vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst und der 112 für den Rettungsdienst seien auch wesentliche Punkte eines Konzepts zur Reform der Notfallversorgung, das der MB und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) im September vergangenen Jahres vorgelegt hätten.

Johna machte für die veränderte Inanspruchnahme der Klinikambulanzen unter anderem die Unkenntnis der Patienten über die Bereitschaftsdienststrukturen verantwortlich. So habe eine aktuelle Patientenbefragung in Notaufnahmen in Hessen ergeben, dass 94 Prozent die Rufnummer 116117 nicht kannten. Vielfach fehle es den Patienten aber auch an Gesundheitskompetenz. Dazu komme eine verbreitete Dienst­leistungsmentalität. Dafür spreche die Tatsache, dass 74 Prozent der Befragten von montags bis freitags die Notaufnahmen aufgesucht hätten, also zu den regulären Sprechzeiten der niedergelassenen Ärzte.

Werbekampagne für die 116117

Auch der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen warb für mehr Kooperation von Niedergelassenen und Klinikärzten sowie das Konzept einer gemeinsamen Anlauf­stelle. Ebenfalls kritisierte er das Inanspruchnahmeverhalten der Patienten. Da die Politik aber offenbar nicht gewillt sei, Maßnahmen zur besseren Steuerung der Patienten zu ergreifen, müssten die Ärzte selbst Lösungsmodelle entwickeln.

So will die KBV in einer groß angelegten Werbekampagne die 116117 in der Bevölkerung bekannter machen. Über die bundesweite Rufnummer könne eine einheitliche Telefontriage stattfinden, über die die Patienten an einen gemeinsamen Tresen in einer Portalpraxis gelangten, von wo sie an die geeignete Versorgungsebene geleitet würden.

Erfahrungen aus der Schweiz belegten, dass sich bereits 30 Prozent der Patienten­anliegen abschließend am Telefon klären ließen, so Gassen. Portalpraxen könne man aber nicht an jedem der 1.600 Krankenhäuser einrichten, die zurzeit an der Notfallver­sorgung teilnehmen, sagte Gassen. „Dafür fehlt das Personal. Und die Praxen wären auch nicht wirtschaftlich tragfähig“, meinte der KBV-Chef.

MB-Vorstand Johna warnte davor, Krankenhäuser von der Notfall­versorgung auszuschließen.  Das werde nicht ohne Folgen für die Patientenversorgung bleiben, gerade auch auf dem Land, sagte sie. Die stationäre Notfallversorgung sei eine zentrale Aufgabe der Daseinsvorsorge. Deswegen müsse jeder Eingriff in bestehende Strukturen einer fundierten Folgeabschätzung und einer Evaluation unterzogen werden, sagte Johna mit Blick auf ein Konzept des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA), das Vorgaben für Kliniken enthalten soll, damit diese künftig weiterhin an der Notfall­versorgung teilnehmen dürfen.

Gegen eine Zentralisierung von Notfallpraxen sprach sich auch Georg Baum aus. „Ein solches Konzept nimmt zu wenig Rücksicht auf andere Krankenhäuser, die Patienten nicht einfach abweisen können“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).

Baum warb für ein eigenes Vergütungssystem für die Notfallversorgung und dafür, das Honorar von Notfallleistungen aus der Gesamtvergütung herauszunehmen. Für ambulante Behandlungen von Notfallpatienten erhielten die Krankenhäuser zurzeit keine kostendeckende Vergütung. Die Unterdeckung bezifferte Baum mit einer Milliarde Euro. © HK/aerzteblatt.de

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