Politik
Forschung zu vernachlässigten Tropenkrankheiten soll intensiviert werden
Dienstag, 10. April 2018
Berlin – Die deutschen Forschungsaktivitäten zu vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases: NTDs) sind momentan sehr heterogen und zudem im internationalen Vergleich unterrepräsentiert. Zu diesem Ergebnis kommen deutsche Experten, die unter Federführung des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) und im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erstmals die aktuelle deutsche Forschungslandschaft zu NTDs analysiert haben.
Ihr Fazit: Deutschlands ansonsten starke internationale Forschungspräsenz sollte auf dem Gebiet der NTDs ausgeweitet und dauerhafte Forschungskooperationen mit den von armutsbedingten Infektionskrankheiten betroffenen Ländern unterstützt werden. Während die biomedizinische Grundlagenforschung bezüglich NTDs an deutschen Forschungsinstitutionen gut etabliert ist, besteht den Experten zufolge insbesondere bei der translationalen Forschung zur Kontrolle und Behandlung von NTDs noch Nachholbedarf.
Die 20 untersuchten Tropenkrankheiten auf einen Blick
- Afrikanische Trypanosomiasis (Schlafkrankheit)
- Buruli-Ulkus
- Chagas
- Dengue
- Dracontiasis
- Echinokokkose
- Endemische Treponematosen
- Geohelminthosen
- Leishmaniose
- Lepra
- Lymph. Filariose (Elefantiasis)
- Myzetom
- Onchozerkose (Flussblindheit)
- Schistosomiasis (Bilharziose)
- Schlangenbisse
- Skabies (Krätze)
- Taeniasis/Zystizerkose
- Tollwut
- Trachom
- Trematoden
Die Analyse des Status Quo erfolgte in Zusammenarbeit von den 35 Wissenschaftlern, die in Deutschland führend in der NTD-Forschung sind. Sie stammen vor allem aus dem BNITM, dem Deutschen Netzwerk gegen Vernachlässigte Tropenkrankheiten (DNTDs), der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG) sowie der Deutschen Gesellschaft für Parasitologie (DGP). Ihr Fachwissen bündelten sie in der Studie „Einschätzung des Beitrags deutscher Institutionen bei der Forschung zu vernachlässigten Tropenkrankheiten“, die der Initiator der Studie, Jürgen May vom BNITM, heute im Bundesforschungsministerium in Berlin vorstellte. Diese soll die Grundlage für ein künftiges stärkeres Engagement der Bundesregierung für die Globale Gesundheit darstellen.
Die Erarbeitung einer neuen globalen Gesundheitsstrategie findet sich auch im Koalitionsvertrag wieder. Die Bekämpfung der NTDs mit konkreten Förderinstrumenten, Zielmargen sowie Maßnahmen zur internationalen Koordination spielt dabei eine besondere Rolle. Denn mehr als eine Milliarde Menschen leiden nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an Tropenkrankheiten, die in den betroffenen Ländern ignoriert und von der Weltöffentlichkeit kaum wahrgenommen werden.
„Wir brauchen deshalb neue Ansätze und Formen der Zusammenarbeit, um innovative One-Health-Forschung durchzuführen, in der die Bekämpfung von NTDs eingebettet ist“, sagte May. Viele der NTDs seien Erkrankungen, die weitverbreitet aufträten und chronische Verläufe hätten. „Ihre Behandlung und Bekämpfung schwächt die Gesundheitssysteme der betroffenen Länder“, erklärte May. Künftige Bemühungen im Bereich der Globalen Gesundheit sollten sich daher nicht auf die Abwehr von akuten Epidemien beschränken, sondern auch NTDs einbeziehen.
Zu den NTDs zählen parasitäre und bakterielle Infektionen sowie Virusinfektionen, die unzureichend behandelt werden. Sie treten endemisch in 149 Ländern weltweit auf, wobei die meisten der Betroffenen zur unteren und mittleren Einkommensgruppe zählen. Zudem gibt es für viele NTDs zu wenige wirksame Medikamente. Die Untersuchung analysiert die Situation für 20 vernachlässigte Tropenkrankheiten.
Die im Auftrag des BMBF vom BNITM durchgeführte Studie „Einschätzung des Beitrags deutscher Institutionen bei der Forschung zu vernachlässigten Tropenkrankheiten“ ist frei zugänglich unter www.bnitm.de/ntd-expertise. © ER/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema


Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.