Politik
Krankenkassen akzeptierten mehr als 1.500 Krankschreibungen nicht
Donnerstag, 12. April 2018
Berlin – Rund 1.500 gesetzlich Krankenversicherte haben sich im vergangenen Jahr an die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) gewendet, weil ihre Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) eines Arztes nicht akzeptiert hat. Darauf hat heute die UPD hingewiesen und Betroffenen geraten, Widerspruch bei der Krankenkasse einzulegen.
Das Problem ist laut UPD, dass die Krankenkasse in einem solchen Fall kein Krankengeld mehr bezahlt. „Die beabsichtigte Existenzsicherung fällt weg, wenn Versicherte trotz Krankschreibung durch den Arzt von ihrer Krankenkasse für arbeitsfähig erklärt werden“, heißt es von der UPD.
Arbeitnehmer, die ihrem Arbeitgeber eine Krankschreibung vorlegen, haben grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass dieser ihr Gehalt für bis zu sechs Wochen weiterzahlt. Gesetzlich versicherte Arbeitnehmer, die länger als sechs Wochen krankgeschrieben sind, haben anschließend Anspruch auf Krankengeld. Die Krankenkasse hat allerdings das Recht, zu überprüfen, ob ein Versicherter arbeitsunfähig ist oder nicht. Das gilt etwa, wenn der Arbeitgeber des Versicherten an der Arbeitsunfähigkeit zweifelt. Auch wenn die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt wurde, der auffallend oft krankschreibt, kann geprüft werden.
MDK prüft nach Aktenlage, Kritik von der UPD
Die Prüfung erfolgt nach Aktenlage durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Die UPD übt daran Kritik. „Der behandelnde Arzt gibt oft nur den ICD-Code an, der die Arbeitsunfähigkeit begründet. Auf individuelle Besonderheiten im Krankheitsverlauf wie Komplikationen oder weitere Erkrankungen, die für die konkrete Dauer der Arbeitsunfähigkeit ebenfalls kausal sind, geht er aus Zeitmangel häufig nicht ein“, erklärte Heike Morris, Juristische Leiterin bei der UPD. Sie bemängelte, die vom MDK bewertete Aktenlage sei deshalb „häufig weder vollständig noch tagesaktuell“.
Darüber hinaus finde nur in Ausnahmefällen eine körperliche Untersuchung oder ein Gespräch mit dem Versicherten statt. „Viele Versicherte wissen gar nicht, dass sie vom MDK begutachtet werden. Umso überraschter sind sie, wenn ihre Krankenkasse ihnen mitteilt, dass sie trotz Krankschreibung durch den Arzt arbeitsfähig sind und keinen Anspruch auf Krankengeld haben“, so Morris.
Telefonischer Service
Die Unabhängige Patientenberatung Deutschlands (UPD) ist unter der kostenlosen Rufnummer 0800 0117722 zu erreichen.
Gegen den Einstellungsbescheid des Krankengeldes durch die Krankenkasse kann der Versicherte Widerspruch einlegen. Dafür hat er einen Monat Zeit. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt, an dem er den Einstellungsbescheid erhält. Die UPD erläutert, dass der Widerspruch schriftlich eingelegt werden muss – eine E-Mail reicht nicht aus. Die Patientenberatung rät, dabei den behandelnden Arzt „ins Boot holen“. Zudem solle man von seinem Recht auf Akteneinsicht Gebrauch machen, indem man das vollständige Gutachten des MDK anfordere oder den Arzt darum bitte, so die UPD.
Die Patientenberatung weist darauf hin, dass der behandelnde Arzt zwar vom MDK über das Ergebnis der Begutachtung informiert wird. Die vollständigen Unterlagen würden auch ihm jedoch nur auf Nachfrage zur Verfügung gestellt. Stimmt der Arzt mit dem Ergebnis des MDK nicht überein, könne dieser das schriftlich begründen und bei der Krankenkasse eine erneute Entscheidung auf der Basis eines Zweitgutachtens beantragen.
Wie die UPD weiter mitteilt, hat der Widerspruch gegen den Einstellungsbescheid der Krankenkasse keine aufschiebende Wirkung. „Die Krankenkassen stellen die Zahlung des Krankengeldes bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch deshalb in der Regel ein. Betroffenen, die das nicht hinnehmen wollen – oder können – bleibt nur der Weg vor das Sozialgericht“, so die UPD. © may/EB/aerzteblatt.de

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