Medizin
Kanada: Naloxon-Spritze in der Hausapotheke senkt Todesfälle durch Opiate
Donnerstag, 19. April 2018
Vancouver – Ein „Take-Home Naloxon“-Programm, wie es derzeit auch in Deutschland als Mittel gegen Überdosierungen von Opiaten diskutiert wird, hat in Kanada ein Drittel aller Todesfälle vermieden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie in Lancet Public Health (2018; doi: 10.1016/S2468-2667(18)30044-6).
In British Columbia, der am westlichsten gelegenen Provinz Kanadas, ist seit Ende 2015 die Zahl der Drogentoten deutlich gestiegen. Verantwortlich gemacht wird der vermehrte Konsum von Fentanyl, das illegal über das Internet gehandelt wird und dessen Risiken von den Konsumenten häufig unterschätzt werden. Zuletzt wurde Fentanyl in 82 % der Proben entdeckt, die Abhängige in einer Anlaufstelle in Vancouver testen lassen können.
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Die Provinz British Columbia hat als Antwort auf die starke Zunahme der Drogentoten ein seit 2012 bestehendes „Take-Home Naloxon“-Programm zur kostenlosen Abgabe von Naloxonsets intensiviert, das es Konsumenten oder Angehörigen erlaubt, im Fall einer Überdosierung das Antidot Naloxon zu injizieren. Bis Ende Oktober 2016 wurden 19.074 Notfallsets abgegeben (bis September 2017 waren es 55.112).
Nachdem die Zahl der Drogentoten im März 2016 (47 Tote) einen Höhepunkt erreicht hat, sind die Zahlen leicht zurückgegangen. Im Sommer kam es nur noch zu 37 bis 47 Todesfällen. Ohne die Abgabe der Notfallsets wäre es vermutlich zu einem weiteren Anstieg gekommen.
Nach Berechnungen von Daniel Coombs vom Institute of Applied Mathematics der Universität in Vancouver haben die Naloxonsets 298 Drogenkonsumenten das Leben gerettet. Das sind 33 % (95-%-Konfidenzintervall 19 bis 45 %) aller Todesfälle durch Überdosierungen. Wären alle im Jahr 2016 verteilten Naloxonsets gleich Anfang des Jahres ausgegeben worden, hätten 118 weitere Todesfälle oder 53 % (41–66 %) aller tödlichen Überdosierungen vermieden werden können, rechnet Coombs vor.
Auch Europa bleibt von der Drogenwelle mit Fentanyl nicht verschont. In Schweden und Norwegen sind zwischen Juni und Oktober 2017 mehr als 60 Menschen an einer Überdosierung von Cyclopropylfentanyl gestorben, wie Catherine Maria Comiskey von der Universität Dublin im Editorial anmerkt. © rme/aerzteblatt.de

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