Vermischtes
Medien sollen achtsamer über Suizide berichten
Donnerstag, 26. April 2018
Leipzig – Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Deutsche Depressionshilfe, Ulrich Hegerl, hat eine achtsamere Berichterstattung über Selbsttötungen angemahnt. „Ich warne auch vor vorschnellem Benennen von psychischen Erkrankungen als Grund von Gewalttaten“, sagte der Facharzt für Psychiatrie gestern in Leipzig bei den Medientagen Mitteldeutschland. Depression sei zum Beispiel keine Ursache für Gewalttaten gegen Unbeteiligte.
Hegerl betonte zudem, dass eine solche Stigmatisierung auch zum Anstieg von Suizidraten führt. Bei Betroffenen von psychischen Erkrankungen steigere eine derartige Berichterstattung die Hemmschwelle, sich medizinische Hilfe zu suchen. Der Mediziner äußerte die Vermutung, dass eine vorschnelle Zuordnung von psychischen Erkrankungen etwa auch bei Gewalttätern in der Berichterstattung „möglicherweise auch der Verdrängung unangenehmer Fragen dient“.
Rund 10.000 Suizide gibt es laut Hegerl jährlich, bei 90 Prozent der Opfer lag zuvor eine psychische Erkrankung vor. Vor 35 Jahren seien es noch 18.000 Selbsttötungen gewesen. Hegerl führt den Rückgang darauf zurück, dass sich mehr Menschen etwa mit Depressionen medizinische Hilfe holten.
Journalisten riet er, in der Berichterstattung etwa darauf hinzuweisen, „dass der Suizid gegebenenfalls Folge einer Erkrankung war, die behandelbar gewesen wäre“. So ließe sich die Nachahmungsgefahr eindämmen. In diesem Zusammenhang verwies er auf den Medienguide der Stiftung Deutsche Depressionshilfe.
Zugleich berichtete Hegerl von der Beobachtung, dass durch Social Media die Suizidraten wieder zunähmen. „Über diese Kanäle verbreiten sich etwa Selbsttötungsmethoden rasant“, sagte er. Es gebe nachgewiesenermaßen einen Zusammenhang zwischen Internetsuchanfragen und der Zunahme bestimmter Formen von Selbsttötung. © kna/aerzteblatt.de

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