Medizin
Kindheit auf dem Land könnte Immunsystem und psychische Resilienz stärken
Montag, 7. Mai 2018
Ulm – Eine Kindheit auf dem Land mit viel Kontakt zu Tieren könnte das Immunsystem und die psychische Belastbarkeit eher stärken als eine tierfreie Erziehung in der Stadt. Das berichten Wissenschaftler der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie der Universität Ulm in der Zeitschrift PNAS (2018; doi: 10.1073/pnas.1719866115).
„Es ist bereits sehr gut dokumentiert, dass die Exposition gegenüber Haustieren und ländlicher Umgebung während der Entwicklung von Vorteil ist, um das Risiko von Asthma und Allergien im späteren Leben zu reduzieren“, erläuterte einer der Studienautoren, Christopher Lowry. Die neuen Studienergebnisse zeigten aber, das diese Expositionen wahrscheinlich auch für die psychische Gesundheit wichtig seien.
Mathetest unter Zeitdruck
Die Forscher nahmen 40 gesunde männliche Freiwillige im Alter von 20 bis 40 Jahren in die Studie auf. Die Hälfte war auf Bauernhöfen groß geworden, wo sie häufig mit Tieren umgingen, die andere Hälfte wurde in der Stadt ohne Haustiere aufgezogen.
Alle Teilnehmer mussten zwei Aufgaben erledigen, um einen Stresszustand im Experiment zu erzeugen. In der ersten hielten sie eine Präsentation vor einem Publikum, das keine Reaktion zeigte. Danach sollten sie ein schwieriges mathematisches Problem unter Zeitdruck lösen. Die Freiwilligen gaben Proben von Blut und Speichel fünf Minuten vor dem Test und 15, 60, 90 und 120 Minuten danach ab.
Die Ergebnisse zeigten, dass die jungen Männer, die in Städten ohne Haustiere aufwuchsen, einen „ausgeprägten Anstieg“ an „peripheren mononukleären Blutzellen“ hatten. Außerdem hatten die Mitglieder der städtischen Erziehungsgruppe auch einen höheren Interleukin-6-Spiegel und einen unterdrückten Interleukin-10-Spiegel. Interleukin 6 ist laut den Autoren ein Botenstoff, der Entzündung fördert, während Interleukin 10 sie reduziert. „Menschen, die in einer städtischen Umgebung aufwuchsen, zeigten eine übertriebene Induktion der entzündlichen Immunantwort auf den Stressor“, sagte Lowry.
Laut den Forschern ist die Schutzwirkung einer ländlichen Erziehung mit Tieren im Vergleich zu einer städtischen Erziehung ohne Tiere vermutlich eher auf den Kontakt mit Tieren als auf den Unterschied zwischen ländlichem und städtischem Leben zurückzuführen. Die Forscher erkennen an, dass ihre Studie andere mögliche Einflussfaktoren nicht berücksichtigt hat. Dazu gehörten zum Beispiel die Art der Entbindung, das Stillen im Vergleich zur Formelernährung, der Einsatz von Antibiotika und die Ernährung.
Sie wollen nun ihre Studie mit größeren Gruppen – männlich und weiblich – und mit einer abwechslungsreicheren Erziehung wiederholen, um die Auswirkungen von Tierkontakt und Verstädterungsgrad herauszuarbeiten. © hil/aerzteblatt.de
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