Politik
Patientenbeauftragter hält Kontrolle der Sprechstundenzeiten für überflüssig
Mittwoch, 16. Mai 2018
Berlin – Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Ralf Brauksiepe, hält es nicht für notwendig, die Sprechstundenzeiten von Kassenärzten stärker zu kontrollieren. Er vertraue darauf, dass die Mediziner die geplante Erhöhung der Mindestsprechstundenzeiten für Kassenpatienten von 20 auf 25 Wochenstunden einhielten, sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel. „Wir sind kein Polizeistaat. Ich gehe davon aus, dass die Ärzte sich an die Gesetze halten.“
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte die Äußerungen Brauksiepes. „Der Patientenbeauftragte muss dringend seinen Pflichten nachkommen“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Brauksiepe sei „nicht Schutzpatron der Ärzte, sondern staatlich eingesetzter Interessenvertreter der Patienten. Er hat dafür zu sorgen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen“.
KBV: Falsches Signal
Es sei ein Unding, die gesetzlich festgelegte Kontrolle mit einem Polizeistaat zu vergleichen, sagte Brysch. „Denn die Überprüfung der Gesetzestreue von Ärzten ist im ureigensten Interesse der Patienten.“ Seit Juli 2015 schreibt ein Gesetz vor, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen die Sprechzeiten ihrer Ärzte kontrollieren müssen.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lehnt die Erhöhung der Mindestsprechstundenzeiten komplett ab und sieht darin ein „völlig falsches Signal“. Sie hatte zuletzt betont, die niedergelassenen Ärzte könnten den wachsenden Bedarf nur erfüllen, wenn die leistungsfeindlichen Budgets fallen. KBV-Chef Andreas Gassen hatte zudem erklärt, dass Ärzte nicht nur in den Öffnungszeiten, die auf dem Praxisschild stehen, für Patienten arbeiten. Daneben seien etwa Befunde auszuwerten oder Hausbesuche zu machen.
Für mehr Sprechzeiten gebe es daher zwei Möglichkeiten. „Entweder fordert man noch mal fünf Stunden mehr Arbeitsleistung von den Ärzten ab. Das ist bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 52 Stunden natürlich schon eine Ansage. Oder man muss überlegen, was Ärzte weniger machen sollen“, hatte er gesagt. Hausbesuche, Bereitschaftsdienste oder Fortbildungen kämen wohl kaum infrage. Brauksiepe dagegen bezeichnete die geplante Vorgabe als „notwendig und sinnvoll“.
Auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag hatte die Bundesregierung kürzlich eingeräumt, dass sie bisher keinen Überblick darüber hat, wie viel Zeit Kassenärzte für Kassenpatienten aufbringen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen hielten nicht genau nach, ob die 97.673 Allgemein- und Fachärzte mit vollem Kassenarztsitz in Deutschland ihre gesetzlich vorgeschriebenen 20 Sprechstunden pro Woche anböten, hieß es in der Antwort.
Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (Zi) hatte die Zeit, die Vertragsärzte sich pro Woche gesetzlich versicherten Patienten widmen, zuletzt auf im Durchschnitt 35,8 Stunden beziffert. Auf Privatpatienten entfielen 5,8 Stunden in der Woche, dies entspreche in der Größenordnung etwa dem Anteil der Versicherten in der Bevölkerung. Insofern wird ein Scheinargument in die politische Diskussion eingebracht, das an der Versorgungsrealität vorbeigeht, hieß es. © kna/may/aerzteblatt.de

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