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Politik

Industrie fordert schnellere Erstattung von Diagnostika

Donnerstag, 17. Mai 2018

/Schlierner, stockadobecom

Berlin – Die Aufnahme von neuen Diagnostika in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und damit deren Erstattung über den Einheitlichen Bewertungs­maßstab (EBM) muss schneller und transparenter vor sich gehen. Das hat gestern Abend in Berlin der Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Diagnostica-Industrie (VDGH), Matthias Borst, gefordert.

Vor allem mit Blick auf die zunehmenden Antibiotikaresistenzen müssten Schnelltests, mit deren Hilfe Ärzte zwischen bakteriellen und viralen Infektionen unterscheiden könnten, sowie weitere Tests zur Resistenzbestimmung und Therapiekontrolle möglichst rasch in der Patienten­versorgung ankommen, erklärte Borst im Rahmen der Mitgliederversammlung seines Verbandes.

Laborbudget nicht belasten

Damit Ärzte diese Tests im Alltag auch anwendeten, müsse zudem sichergestellt sein, dass ihr Laborbudget dadurch nicht belastet werde. „Diese Tests müssen außerbud­getär vergütet werden“, forderte er. Um die Forschung und Entwicklung neuer diagnostischer Verfahren schneller voranzubringen, regte Borst mehr öffentliche Forschungsförderung an.

Jährlich sterben nach Angaben des VDGH-Vorsitzenden weltweit 700.000 Menschen, weil Antibiotika nicht mehr wirken. Für die Zunahme von Resistenzen seien auch unnötige Antibiotikagaben verantwortlich. Allein in Deutschland seien zum Beispiel 90 Prozent der Antibiotikaverordnungen bei Atemwegsinfektionen überflüssig.

Als positiv bezeichnete es Borst, dass sich die Politik des Themas inzwischen angenommen habe. So habe die Bundesregierung 2015 mit DART 2020 eine eigene Antibiotikaresistenz­strategie vorgelegt. Und international hätten die G 20, die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, das Thema auf die Agenda gesetzt. Das sei ein Riesenschritt in die richtige Richtung, erklärte Borst.

Bei Schnelltests besteht Forschungsbedarf

Das Problem, vor dem Ärzte bei der Antibiotikaverordnung vielfach stehen, erläuterte Klaus Heeg, Ärztlicher Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums Heidelberg. Auf der einen Seite müsse eine Antibiotikatherapie schnell erfolgen, damit sie erfolgreich sei. Auf der anderen Seite müsse der Gebrauch eingeschränkt werden, um die Resistenzentwicklung zu verringern.

Außerdem müsse mit dem richtigen Antibiotikum therapiert werden, und zwar zielgerecht bei bakteriellen Infektionen. Das ideale Therapiemanagement beinhalte deshalb neben einem Schnelltest auf bakterielle Infektion, die Bestimmung des Antibiotikaresistenzprofils und die Kontrolle, ob die Therapie wirksam sei. „Dazu brauchen wir geeignete diagnostische Maßnahmen“, sagte Heeg. Besonders bei den Schnelltests bestehe noch hoher Forschungs- und Entwicklungsbedarf.

Heeg zufolge werden in Deutschland 90 Prozent der Antibiotika von niedergelassenen Ärzten verordnet und nur zehn Prozent im Krankenhaus. Dabei seien 80 bis 90 Prozent der Antibiotikagaben unnötig, bestätigte er Borsts Zahlen. Heeg führt dies unter anderem darauf zurück, dass viele Patienten eine Antibiotikaverordnung von ihrem Arzt einforderten.

Genau an diesem Punkt setzt das Projekt RESIST der Kassenärztlichen Bundes­vereinigung (KBV) und des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) an. Es will insbesondere Haus-, Kinder- und HNO-Ärzte sowie deren Patienten für das Thema Resistenzbildung sensibilisieren und die rationale Antibiotikatherapie bei akuten Atemwegsinfekten unterstützen.

Dabei fördere das Modellvorhaben vor allem das ausführliche Gespräch zwischen Arzt und Patient, erläuterte Ute Leonhardt vom vdek. Teil von RESIST, das mit 14 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds gefördert wird, ist außerdem eine Onlineschulung für Ärzte. Das Projekt startete im Juli 2017. Es ist auf zwei Jahre angelegt und wird wissenschaftlich evaluiert. Erste Ergebnisse sollen im Frühjahr 2020 vorliegen.

„Uns geht es bei dem Modellvorhaben nicht um die Kosten der Antibiotikaverordnun­gen, sondern um die Folgen der zunehmenden Resistenzentwicklungen“, sagte Bernhard Gibis von der KBV. Wenn die Evaluation erfolgreich abgeschlossen werde, solle es in die Regelversorgung überführt werden. © HK/aerzteblatt.de

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