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Politik

Spahn legt Eckpunkte für neues Pflegegesetz vor

Mittwoch, 23. Mai 2018

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn /dpa

Berlin – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will 13.000 neue Vollzeitstellen in der Pflege schaffen – und damit 5.000 mehr als im Koalitionsvertrag von Union und SPD vorgesehen. Das geht aus dem Eckpunktepapier „Sofortprogramm Kranken- und Altenpflege“ hervor, dass Spahn heute in Berlin vorstellte. „Jede vollstationäre Altenpflegeeinrichtung in Deutschland soll im Rahmen des Sofortprogramms profitieren“, heißt es darin.

Die Zahl der finanzierten Stellen pro Einrichtung richtet sich dabei nach deren Größe. Einrichtungen mit mehr als 120 Bewohnern sollen demnach zwei Pflegestellen zusätzlich auf Antrag finanziert bekommen. Für Häuser mit 81 bis 120 Bewohnern sind eineinhalb Stellen vorgesehen, bei 41 bis 80 Bewohnern eine Stelle und bei 40 oder weniger Bewohnern eine halbe Stelle. Finanziert werden sollen diese Stellen nicht von den Pflegekassen, da diese derzeit im Minus sind, sondern von den finanziell gut ausgestatteten Krankenkassen.

Spirale in die andere Richtung drehen

Mit dem Eckpunktepapier sollen die Pläne aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt werden. Dabei geht es jedoch zunächst nur um die Finanzierung der geplanten Maßnahmen. Wie es gelingen kann, neue Pflegekräfte zu gewinnen, werde in Kürze im Rahmen einer konzertierten Aktion zusammen mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) beraten, sagte Spahn.

„Ich weiß, dass finanzierte Stellen noch keine besetzten Stellen sind“, betonte der Minister. Doch das eine bedinge das andere. Und dass zusätzliche Stellen vollständig refinanziert würden, solle ein Signal an die Pflegekräfte sein. „Unsere Botschaft ist: Wir haben verstanden“, sagte Spahn. „Und wir wollen die Spirale nun in die andere Richtung drehen.“

Im Rahmen der konzertierten Aktion werde auch über den Vorschlag des Pflegebevoll­mächtigten Andreas Westerfellhaus diskutiert, Prämien an Pflegekräfte zu bezahlen, die in ihren Beruf beziehungsweise auf eine Vollzeitstelle zurückkehren. „Ich bin Herrn Westerfellhaus dankbar für diesen Vorschlag“, sagte Spahn. Denn die Frage, wie es gelingen kann, dass mehr Pflegekräfte in Teilzeit ihre Stundenzahl wieder erhöhen, sei eine Schlüsselfrage.

Digitale Angebote zur Entlastung der Pflegekräfte

Zur Erhöhung der Attraktivität des Pflegeberufs gehört auch die Entlastung der Pflegenden von Dokumentationsaufgaben. Richtig eingesetzt, hätten digitale Angebote ein erhebliches Potenzial in diesem Bereich, heißt es in dem Eckpunktepapier. Einrichtungen, die entsprechende digitale oder technische Ausrüstung anschaffen, sollen daher künftig mit Mitteln aus der Pflegeversicherung unterstützt werden. Die Einrichtungen können bei Anschaffungskosten von bis zu 30.000 Euro eine 40-prozentige Kofinanzierung erhalten.

Zudem soll die Zusammenarbeit zwischen Pflegeeinrichtungen und Vertragsärzten verbindlicher gestaltet werden. Bislang ist es den Pflegeeinrichtungen überlassen, ob sie Kooperationsverträge mit Vertragsärzten abschließen, um die ärztliche Versorgung in ihrer Einrichtung zu verbessern. Diese Soll-Regelung wird nach dem Willen von Spahn künftig durch eine Muss-Regelung ersetzt. Zudem sollen die Kassenärztlichen Vereinigungen dazu verpflichtet werden, bei Vorliegen eines entsprechenden Antrags einer Pflegeeinrichtung einen Kooperationsvertrag innerhalb von drei Monaten zu vermitteln.

Anreize für Ausbildung

Spahn betonte, dass mit dem Gesetz mehr Anreize geschaffen werden sollen, Pflege­kräfte auszubilden. Bereits heute gebe es in Deutschland 132.000 Auszubildende in der Alten- und Krankenpflege, sagte er: „Es ist ja nicht so, dass wir nicht jetzt schon viel ausbilden würden. Doch die Zahl der Pflegebedürftigen steigt schneller als die Zahl der Auszubildenden.“ Um Anreize für zusätzliche Ausbildungsplätze zu setzen, soll die Vergütung für Auszubildende im ersten Ausbildungsjahr vollständig refinanziert werden. Bislang ist dies nur anteilig der Fall.  

Wie aus dem Eckpunktepapier weiter hervorgeht, soll das mit dem Krankenhaus­strukturgesetz (KHSG) begonnene Pflegestellen-Förderprogramm über das Jahr 2018 hinaus fortgesetzt werden – allerdings in erweiterter Form. Bislang mussten die Krankenhäuser zehn Prozent der Mittel für neue Pflegekräfte selbst finanzieren. Zudem gab es eine Obergrenze für die Fördersumme von 660 Millionen Euro. Künftig sollen sowohl neue als auch aufgestockte Pflegestellen vollständig refinanziert werden. Eine Obergrenze soll es nicht mehr geben.

Tarifsteigerungen bei Pflegekräften wurden bislang nur hälftig und bis zu einer Obergrenze refinanziert. Auch das soll sich nun ändern. So sollen Tarifsteigerungen rückwirkend bereits für das Jahr 2018 vollständig refinanziert werden. Die Krankenhäuser müssen dabei nachweisen, dass sie dieses Geld wirklich für die Bezahlung von Pflegekräften aufwenden.

Strukturfonds wird weitergeführt

Mit dem anstehenden Gesetz soll zudem der Strukturfonds fortgeführt werden, der ebenfalls mit dem KHSG aufgesetzt wurde. „Der Fonds wird ab 2019 für vier Jahre mit einem Volumen von einer Milliarde Euro jährlich fortgesetzt“, heißt es in dem Eckpunktepapier. Auch künftig wird der Bund dieselbe Summe dazugeben, die zuvor die Länder eingezahlt haben. Neu ist, dass aus den Mitteln des Strukturfonds explizit der Einsatz digitaler Anwendungen gefördert werden soll, zum Beispiel die telemedizinische Vernetzung von Krankenhäusern.

„Seit dem Jahr 2018 können Krankenhäuser für einen bestehenden erhöhten Pflegeaufwand bei pflegebedürftigen Patienten eine zusätzliche Vergütung von den Kostenträgern erhalten“, heißt es im Eckpunktepapier. „Allerdings gelingt dies häufig mangels einer validen Datengrundlage nicht.“ Damit die Krankenhäuser die zusätzliche Vergütung zukünftig auf einer gesicherten Basis abrechnen können, sollen die Krankenkassen nun verpflichtet werden, den Krankenhäusern die hierfür erforderlichen Informationen zur Pflegebedürftigkeit der bei ihnen versicherten Patienten mitzuteilen.

Modell zur Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern

Wie im Koalitionsvertrag angekündigt, sollen die Personalkosten für Pflegekräfte künftig aus den diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) herausgerechnet werden. Ab dem Jahr 2020 soll die Krankenhausvergütung auf eine Kombination aus DRG und Pflegepersonalkostenvergütung umgestellt sein.

Deutsche Krankenhausgesellschaft, GKV-Spitzenverband und Verband der privaten Krankenversicherung sollen damit beauftragt werden, die Pflegekosten aus den DRGs herauszurechnen. Die Vertragspartner, die die Pflegesätze in den Einrichtungen vereinbaren, sollen die krankenhausindividuelle Pflegepersonalausstattung auf der Grundlage der von den Krankenhäusern geplanten und nachgewiesenen Pflegepersonalausstattung und der entsprechenden Kosten vereinbaren.

Spahn sprach auch die Rolle von ausländischen Pflegekräften für das deutsche Gesundheitssystem an. Ausländische Pflegekräfte nach Deutschland zu holen, sei nur ein Teil der Lösung, sagte er – aber ein wichtiger. Er kündigte an, ein strukturiertes Modell erarbeiten zu wollen, von dem auch das Land profitiere, aus dem die Pflegekraft kommt. „Ich würde das gerne mit der Weltgesundheitsorganisation zusammen machen“, sagte er. „Dann könnten wir auch den Vorwurf entkräften, dass Deutschland anderen Ländern die Pflegekräfte klaut.“ 

Im Juni will das Bundesgesundheitsministerium einen Referentenentwurf zu dem Pflegegesetz vorlegen, das über die Sommerpause ins Parlament eingebracht werden soll, damit es 2019 in Kraft treten kann. © fos/aerzteblatt.de

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