Politik
Medizintechnikbranche weiter besorgt über Medizinprodukteverordnung
Montag, 28. Mai 2018
Berlin – Ein Jahr nach Inkrafttreten der neuen Medizinprodukteverordnung der Europäischen Union (EU) sind offenbar weiterhin viele Fragen zur praktischen Umsetzung offen. Verschiedene Industriefachverbände befürchten negative Auswirkungen auf die Branche und den Gesundheitsmarkt.
Für die Verordnung gilt eine Übergangsfrist bis zum 26. Mai 2020, bevor sie wirksam wird. Die Hersteller von Medizinprodukten höherer Risikoklassen müssen dann klinische Studien für ihre Produkte vorweisen. Zudem wurden die Anforderungen an die sogenannten Benannten Stellen erhöht, die untersuchen, ob die Medizinprodukte die Vorschriften erfüllen. Beispielsweise müssen diese nun medizinisches Fachpersonal beschäftigen und unterliegen einer strengeren Aufsicht durch die nationalen Behörden.
Sorge wegen „Benannten Stellen“
Die Industrieverbände – darunter der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed), der Deutsche Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien Spectaris, der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) und andere – befürchten insbesondere einen deutlichen Engpass bei den „Benannten Stellen“.
Aktuell gebe es in der EU nur noch 59 dieser Stellen für Medizinprodukte – von ursprünglich 90. Bereits jetzt gebe es Kapazitätsprobleme. Hersteller müssten daher lange Wartezeiten in Kauf nehmen, bevor sie die notwendigen Zertifizierungen erlangten, um ihre Produkte in Verkehr bringen zu können.
„Mit der EU-Medizinprodukteverordnung kommen zudem weitere Hürden für eine Neubenennung auf diese Stellen zu, sodass Experten langfristig nur noch mit rund 40 ,Benannten Stellen' für Medizinprodukte in der EU rechnen. Im Gegenzug wächst die Zahl der Produkte, die zukünftig unter die Kontrolle dieser Stellen fallen, stark an“, warnen die Verbände. Es sei daher sehr unwahrscheinlich, dass mit Geltungsbeginn der Verordnung am 26. Mai 2020 ausreichend Benannte Stellen zur Verfügung stünden.
Viele Hersteller könnten daher ab diesem Zeitpunkt Schwierigkeiten mit der Vermarktung ihrer Produkte bekommen, was zu wirtschaftlichen Einbußen und unter Umständen sogar zur Gefährdung der gesamten Geschäftstätigkeit führen könnte. „Somit würden Innovationen nicht mehr in den Markt gelangen und Produkte nicht mehr beim Patienten ankommen“, warnen die Verbände. Sie fordern daher kurzfristige Konsultationen auf EU-Ebene zur Lösung dieses Problems. © hil/aerzteblatt.de

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