Medizin
Wie Koffein das Herz (von Mäusen) schützt
Montag, 25. Juni 2018
Düsseldorf – Koffein in einer Menge, die in 4 Tassen Kaffee enthalten ist, kann die Funktion der Mitochondrien von Herzzellen verbessern. Damit könnten die in epidemiologischen Studien beobachteten präventiven Einflüsse des Kaffeekonsums auf das Herz-Kreislauf-System erklärt werden, heißt es in einer Publikation in PLoS Biology (2018; doi: 10.1371/journal.pbio.2004408).
Koffein ist das Lieblingsgetränk aller Epidemiologen, da ihre Studien mehrfach gezeigt haben, dass Koffein (unter anderem) vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes schützt. Am bekanntesten ist eine Auswertung der US-National Institutes of Health–AARP Diet and Health Study, nach der der Kaffeekonsum dosisabhängig das Sterberisiko vermindert (NEJM 2012; 366: 1891-904), was eine Analyse der EPIC-Studie jüngst auch für Europa bestätigte (Ann Intern Med 2017; 167: 236-247). In einer weiteren Studie senkte Koffein vor allem das Sterberisiko älterer Menschen (Am J Clin Nutr. 2007; 85: 392-398). Nach der Framingham-Studie soll Koffein sogar vor Herzklappenfehlern schützen (Am J Cardiol. 2008; 102: 1502-1508).
Diese protektiven Effekte lassen sich durch den derzeit angenommenen Wirkungsmechanismus von Koffein kaum erklären. Die Blockade der Adenosinrezeptoren, die Hemmung von Phosphodiesterasen und auch der Anstieg des intrazellulären Kalziumspiegels treten laut Judith Haendeler vom Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf im Herzmuskel erst bei Koffeinkonzentrationen auf, die für den Menschen tödlich wären.
Koffein entfaltet Wirkung über Mitochondrien
Die Forscherin hat deshalb nach anderen Mechanismen gesucht, über die Koffein die Herzfunktion stärken könnte. In früheren Experimenten konnte ihre Forschergruppe zeigen, dass Koffein in physiologisch relevanter Konzentration die Funktion der Endothelzellen verbessert, die unter anderem im Herz die Blutgefäße auskleiden. Dabei wirkte Koffein in erster Linie auf die Mitochondrien, die Kraftwerke in den Zellen.
Die aktuellen Experimente der Düsseldorfer Forschergruppe bringen die Wirkung mit dem Protein p27 in Verbindung. p27 ist ein für die Funktion der Mitochondrien wichtiges Protein. Ohne p27 sinkt die Energieproduktion so weit, dass Endothelzellen ihre Fähigkeiten verlieren, sich zu bewegen, was für den Erhalt der Gefäßfunktion von großer Bedeutung ist. Nach den jetzt vorgestellten experimentellen Studienergebnissen schützt p27 Herzmuskelzellen vor dem Absterben und es fördert die Umwandlung von Fibroblasten in Muskelzellen, was für die Regeneration des Herzmuskels nach einem Infarkt wichtig sein kann (die allerdings beim Menschen selten gelingt).
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Bei alten Mäusen hob Koffein die p27-Konzentration auf ein Niveau, wie es normalerweise bei deutlich jüngeren Tieren beobachtet wird. In einem Experiment wurde bei prädiabetischen Mäusen sogar das Ausmaß eines Herzinfarkts vermindert, wenn den Tieren vorher Koffein in einer Menge verabreicht wurde, die 4 Tassen Kaffee beim Menschen entsprechen.
Mäuse sind allerdings keine Menschen und die klinische Relevanz der Studienergebnisse ist deshalb unklar. Ob Koffein Menschen mit einer koronaren Herzkrankheit vor einem Herzinfarkt schützt, könnte im Prinzip in einer randomisierten kontrollierten Studie untersucht werden. Wegen der weiten Verbreitung von koffeinhaltigen Getränken dürfte es allerdings schwierig werden, eine Placebogruppe zu bilden, deren Teilnehmer – ohne dies zu wissen – kein Koffein zu sich nehmen dürften. So wird es wohl bei epidemiologischen Hinweisen für die protektive Wirkung bleiben, die in ihrer Aussagekraft beschränkt sind. © rme/aerzteblatt.de
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Koffein: Herzschmerzen bei niedrigen HF
folgende Symptomatik: Nach mittelstarkem Kaffeekonsum (leichter Espresso) tauch ein Schmerzgefühl im Herz auf. Einengender, beklemmender Schmerz. Das merkwürdige: Das taucht nur bei niedriger HF auf (ca 50bmp).
Starte ich direkt nach dem Konsum ein Sport -/ Laufprogramm mit 120-140bpm, wird der Schmerz „gelöscht“.
Das ganze wiederum tritt nur auf, wenn ich ca. 1 Woche kein Training antrete.
Hat jemand eine physikalisch - medizinische Erklärung für dieses Phänomen?
Würd mich freuen von euch zu hören.
Besten Gruß
Leo

Koffein entfaltet Wirkung über Mitochondrien
Nach einem Infarkt? Und wie kommt es zum Infarkt? Wahrscheinlich aufgrund des Bluthochdrucks und zuviel Kaffee?

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