Politik
Deutschland und Frankreich fordern Änderungen an geplanter Nutzenbewertung neuer Arzneimittel
Dienstag, 26. Juni 2018
Berlin – Deutschland und Frankreich fordern Änderungen an der geplanten zentralisierten Nutzenbewertung neuer Arzneimittel durch die Europäischen Union (EU), wie sie die Europäische Kommission im Januar in einem Verordnungsentwurf beschrieben hat. Das geht aus einem sogenannten Non-Paper hervor, also einem inoffiziellen Arbeitsdokument, das zwischen beiden Ländern konsentiert ist und das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Demnach dringen Deutschland und Frankreich darauf, sich nicht einer europaweiten Nutzenbewertung unterwerfen zu müssen, sondern bei Bedarf eigene Bewertungen vornehmen zu können.
Der Verordnungsentwurf der EU-Kommission sieht vor, dass künftig Health-Technology-Assessment-Experten aus den Mitgliedstaaten der EU in einer Koordinierungsgruppe gemeinsam bewerten, ob ein Arzneimittel einen Zusatznutzen gegenüber der Standardtherapie aufweist oder nicht. Das Ergebnis soll für alle Mitgliedstaaten bindend sein, eigene klinische Bewertungen sollen diese nicht mehr vornehmen. Für die Preisgestaltung und Erstattungsfragen sollen hingegen weiterhin die Mitgliedstaaten zuständig sein.
Mitgliedstaaten sollen Bewertungen vornehmen
Deutschland und Frankreich reicht das aber nicht aus. Sie fordern, dass Nutzenbewertungen aus der EU von den Mitgliedstaaten zwar berücksichtigt, aber nicht verpflichtend übernommen werden müssen. Zudem müsse es den Mitgliedstaaten weiterhin erlaubt sein, eigene Nutzenbewertungen vorzunehmen, heißt es in dem Non-Paper.
Im Verordnungsentwurf der EU-Kommission wird dies untersagt. Weiter fordern sie, dass die Nutzenbewertung auf europäischer Ebene sich auf die rein wissenschaftliche Durchführung der klinischen Studien beschränkt, ohne Bewertungen zu enthalten. Die Bewertungen sollen demgegenüber auf nationaler Ebene getroffen werden.
Deutschland und Frankreich berufen sich in ihrer Argumentation auf den Vertrag von Lissabon, demzufolge die EU zum Beispiel im Bereich der Gesundheitspolitik nicht gesetzgeberisch tätig werden darf. Würde es den Mitgliedstaaten der EU untersagt, eigene Bewertungen durchzuführen, könnten sie spezifische nationale Besonderheiten nicht berücksichtigen, wie besondere Prävalenzen oder Patientengruppen.
Im Mai dieses Jahr hat sich auch der 121. Deutsche Ärztetag in Erfurt gegen eine Zentralisierung der Bewertung des klinischen Nutzens von Arzneimitteln und Medizinprodukten innerhalb der EU ausgesprochen. Dahinter steckt unter anderem die Sorge, dass die hohen Standards der deutschen Nutzenbewertung durch eine zentralisierte Bewertung abgesenkt werden könnten.
© fos/aerzteblatt.de

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