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Politik

Pflegepersonal­untergrenzen gelten ab 2019 zunächst in der Geriatrie und der Intensivmedizin

Donnerstag, 28. Juni 2018

/dpa

Berlin – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband werden die neuen Pflegepersonaluntergrenzen nicht, wie vom Gesetzgeber vorge­geben, zum 30. Juni vorlegen. Das erklärte gestern der Leiter der Abteilung „Kranken­häuser“ des GKV-Spitzenverbandes, Wulf-Dietrich Leber, vor Journalisten in Berlin. „Wir werden die Vereinbarung zu einem etwas späteren Zeitpunkt treffen“, sagte er. Das werde jedoch nichts daran ändern, dass die Untergrenzen wie vorgesehen zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.

Gestritten hatten DKG und GKV-Spitzenverband vor allem darum, für welche Zeiträume die Untergrenzen durch die Krankenhäuser nachgewiesen werden müssen. Der GKV-Spitzenverband hatte sich für einen schichtgenauen Nachweis ausgesprochen, die DKG für einen Nachweis der durchschnittlichen monatlichen Besetzung.

Zunächst müssen Krankenhäuser nur Durchschnittswerte angeben

Kommt bis zum 30. Juni keine Einigung zustande, kann das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) die Pflegepersonaluntergrenzen selbst im Wege einer Ersatz­vornahme festlegen. Das BMG zeige allerdings keinen besonderen Ehrgeiz, eine Ersatzvorlage vorzunehmen, meinte Leber. Stattdessen gehe es den Weg einer „Zwangsschlichtung“, bei der es in „moderierten Gesprächen“ eine Einigung der Verhandlungspartner herbeiführen möchte. 

Leber und der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, stellten den Stand der Verhandlungen aus Sicht des Verbandes dar. Geplant sei demzufolge ein dreistufiges Modell. „In der ersten Stufe sollen die Untergrenzen über monatliche Durchschnittswerte ermittelt werden“, sagte von Stackelberg. „Die Krankenhäuser sollen dabei die Anzahl der Schichten pro Monat übermitteln, in denen die Untergrenzen nicht eingehalten wurden.“ Im Anschluss solle die Wirkung der Stufe 1 nach dem ersten Anwendungsjahr 2019 evaluiert werden. Schließlich sollen in einer dritten Stufe die Untergrenzen genauer erfasst werden. „Unser Ziel bleibt, dass in jeder einzelnen Schicht die Mindestpersonalausstattung sichergestellt sein muss“, so von Stackelberg.  

Vergütungsabschläge müssen noch verhandelt werden

„Die Datenlage ist nicht so, dass man gleich mit der Optimalversion anfangen kann“, fuhr er fort.  Deshalb habe man sich auf ein Drei-Stufen-Modell geeinigt. Um die Datenlage zu verbessern, wurde im März das Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG beauftragt, eine repräsentative Stichprobe in den Fachabteilung vorzunehmen, um schicht-, tages- und stundengenau zu erfahren, wie viele Pflegekräfte eingesetzt werden. Mit diesen Ist-Daten soll das Quartil der Krankenhäuser identifiziert werden, die am wenigsten Pflegepersonal einsetzen.

„Wir haben uns relativ früh darauf geeinigt, dass die Personaluntergrenzen oberhalb der Ist-Zahlen des unteren Quartils aller Krankenhäuser liegen soll“, sagte Leber, „bei zwölf Krankenhäusern also oberhalb der Zahl der Pflegekräfte, die die drei Kranken­häuser einsetzen, die am wenigsten Pflegende beschäftigten.“ Mit diesem Ansatz gehe es nicht darum, dass alle Krankenhäuser neues Pflegepersonal erhielten, sondern darum, dass die Häuser mehr Personal einstellen müssten, die heute am wenigsten haben. Tun sie dies nicht, müssen sie Vergütungsabschläge zahlen. Deren Höhe muss noch verhandelt werden. 

Es wird mehrere Grenzwerte geben

Leber kündigte an, dass es dabei nicht einen Grenzwert geben werde, sondern verschiedene. Denn man müsse zum Beispiel unterscheiden, ob auf einer Station frisch operierte oder demente Patienten liegen und ob diese Patienten von examinierten Pflegekräften oder von Hilfskräften versorgt werden. Auch müsse zwischen Tag- und Nachtschicht und zwischen Werktagen und den Wochenenden unterschieden werden. „Wir werden insofern ein differenziertes System bekommen mit einer ganzen Reihe von Grenzwerten“, sagte Leber.  So könnte es am Ende zum Beispiel die Grenzwerte geben, dass 20 Patienten von mindestens fünf Pflegenden versorgt werden müssen, von denen drei eine dreijährige Ausbildung absolviert haben.

Im ursprünglichen Auftrag des Gesetzgebers hieß es, die Untergrenzen sollten nur in pflegesensitiven Bereichen gelten. DKG und GKV-Spitzenverband haben sich in der Folge auf diese Bereiche geeinigt: Geriatrie, Neurologie, Kardiologie, Unfallchirurgie, Herzchirurgie und Intensivmedizin. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD nun darauf verständigt, dass die Untergrenzen für alle bettenführenden Abtei­lungen gelten sollen. Der Auftrag an die Verhandlungspartner wurde jedoch noch nicht entsprechend per Gesetz geändert. Insofern werden die Untergrenzen ab dem kommenden Jahr voraussichtlich zunächst in diesen sechs Abteilungen gelten. Auf Basis der Erhebungsergebnisse werde es im ersten Schritt möglich sein, zumindest für die Bereich Intensivmedizin und Geriatrie Personaluntergrenzen festzulegen, hieß es vom GKV-Spitzenverband.

„Untergrenzen sind Untergrenzen, vergleichbar mit der Schulnote 4-“

Von Stackelberg betonte noch einmal, dass es sich bei den Pflegepersonaluntergrenzen wirklich um Untergrenzen handle, vergleichbar mit der Schulnote 4-: „gerade noch versetzt, aber alles andere als gut“.

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Pflegemangel im Krankenhaus: Die Situation wird immer dramatischer

Während die Politik die Behebung des Pflegemangels als eines der wichtigsten Ziele in dieser Legislaturperiode ausgegeben hat, wird der Mangel in den Krankenhäusern immer gravierender. Helfen sollen Prämien für Berufsrückkehrer, mehr Ausbildungsanreize – und die Übernahme heilkundlicher Aufgaben. Der Pflegemangel ist im gesundheitspolitischen Berlin derzeit das beherrschende Thema. Unter

untergrenzen dazu führen könnte, dass Krankenhäuser, die mehr Pflegepersonal beschäftigen, Pflegende entlassen. Leber glaubt nicht an eine solche Entwicklung: „Die Einführung des Mindestlohns hat ja auch nicht dazu geführt, dass überall nur noch der Mindestlohn gezahlt wird.“ © fos/aerzteblatt.de

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