Medizin
Sterberate erreicht im Alter über 105 Jahre ein Plateau
Montag, 2. Juli 2018
Rom – Eine Analyse der Überlebensrate aller 3.836 Italiener, die in ein Alter von 105 Jahren erreicht haben, deutet auf ein Mortalitätsplateau bei den „Semi-Supercentenarian“ hin, was laut einer Studie in Science (2018; 360 1459-1461) derzeitige Annahmen zu einer maximalen Lebensphase des Menschen infrage stellt.
Die Lebenserwartung der Menschen ist in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen. Weltweit soll es mehr als eine halbe Million über 100-Jährige geben. Die Zahl der „Supercentenarian“, die ein Alter von über 110 Jahren erreicht haben, wird auf über Tausend geschätzt. Der älteste bekannte Mensch, die Französin Jeanne Calment starb 1997 im Alter von 122 Jahren.
Wie hoch die maximale Lebenserwartung des Menschen sein kann, ist unter Experten umstritten. Bisher ging die Forschung davon aus, dass die Sterblichkeit mit dem Alter zunimmt. Für die meisten Altersgruppen lässt sich dies auch mit statistischer Sicherheit nachweisen. Ein Mensch im Alter von 50 Jahren hat ein dreifach höheres Risiko als ein Mensch im Alter von 30 Jahren, im nächsten Jahr zu sterben. In den 60-er und 70-er Altersgruppen verdoppelt sich das Sterberisiko alle acht Jahre. Ein hundertjähriger hat nur noch eine Chance von 60 Prozent seinen hundertersten Geburtstag zu erleben. Im Alter von 105 Jahren beträgt die Chance auf ein weiteres Lebensjahr noch 50 Prozent.
Elisabetta Barbi von der Universität Rom und Mitarbeiter behaupten jetzt, dass nach dem 105. Lebensjahr ein Mortalitätsplateau erreicht ist. Ein Mensch, der 111 Jahre alt ist, habe die gleiche Chance wie ein 105-Jähriger seinen nächsten Geburtstag noch zu erleben.
Ein solches Mortalitätsplateau wurde in experimentellen Studien für Fruchtfliegen oder Nematoden gezeigt. Begründet wird es mit der Selektion von körperlich fitten Individuen, die extrem geringe Sterberisiken aufweisen. Ob es auch beim Menschen ein Mortalitätsplateau gibt, ist umstritten. Barbi glaubt es jetzt anhand der Analyse von 3.836 Italienern nachweisen zu können, die im Zeitraum von 2009 bis 2015 ein Alter von 105 Jahren erreicht haben.
Die Statistiken in Italien gelten als zuverlässig. Die Forscher haben außerdem bei allen 3.836 Personen das Alter durch Geburtszertifikate überprüft und auch alle Sterbeurkunden eingesehen. Ihre jetzt publizierten Daten zeigen tatsächlich, das die Sterberate ab dem Alter von 105 Jahren konstant blieb. Die Konfidenzintervalle werden jedoch wegen der sinkenden Fallzahlen mit jedem Lebensalter weiter, so dass die Aussage mit einer gewissen Unsicherheit behaftet ist.
Nicht alle Experten, die von „Science“ und „Nature“ befragt wurden, halten die Schlussfolgerung der Studie für gerechtfertigt. Und selbst wenn Barbi und Mitarbeiter recht haben sollten, bedeuten die Ergebnisse nicht, dass Menschen ewig leben können.
Der „Rekord“ von Jeanne Calment wird übrigens noch einige Jahre halten. Der derzeit älteste Mensch, die Japanerin Chiyo Miyako ist derzeit 117 Jahre alt. Ob sie 122 Jahre alt wird, ist auch nach den Ergebnissen von Barbi ungewiss. Bei einem konstanten Sterberisiko von 50 Prozent, betragen die Chancen nach fünf Jahren gerade einmal 3,13 Prozent. © rme/aerzteblatt.de

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