Politik
Bundesgesundheitsminister stellt für mehr Sprechstunden höhere Vergütung in Aussicht
Freitag, 20. Juli 2018
Ahaus – Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stellt Ärzten, die durch „zusätzliche offene Sprechstundenzeiten“ Patienten ohne Terminvergabe behandeln, höhere Vergütungen außerhalb der Budgets in Aussicht. Wie der Minister in einem Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt (Ausgabe 29–30/2018) erklärte, werde er den Gesetzentwurf, mit dem der Zugang von Patienten zur Versorgung verbessert werde, in Kürze vorlegen.
Neben den Vorhaben, die Terminservicestellen auszubauen und die Mindestsprechstunden von 20 auf 25 Stunden zu erhöhen, sehe das neue Gesetz für Arztgruppen „wie beispielsweise Hausärzte, Kinderärzte oder Gynäkologen“, die Patienten „pro Woche fünf offene Sprechstunden“ ohne vorherige Terminvereinbarung anbieten, zusätzliche außerbudgetäre Vergütungen vor. Das wirke, so Spahn, wie „ein Überlaufventil bei zu langen Terminwartezeiten“.
Der Gesetzgeber werde Krankenkassen und Ärzteschaft zu Verhandlungen anhalten, für welche Arztgruppen unter welchen Bedingungen das zu gelten habe. Spahn: „Ärzte, die uns dabei helfen, die Versorgung zu verbessern, sollen höher und außerhalb des Budgets vergütet werden.“ Geplant seien Grundpauschalen bei offenen Sprechstunden, aber auch höhere Vergütungen für Ärzte, die Termine über die Terminservicestellen annehmen.
Das Gespräch
Im Interview des DÄ mit Jens Spahn, Bundesminister für Gesundheit, geht es auch um dessen Haltung zu den Vorschlägen des Sachverständigenrates, der Digitalisierung im Gesundheitswesen, seinen Vorstellungen zur Lösung des Problems der Notfallaufnahme sowie der Organspende.
Spahn will nicht pauschal die Budgets wegnehmen: „Das ist mir zu wenig zielgerichtet. Ich möchte, dass wir die Ärzte finanziell spürbar besserstellen, die wirklich zusätzliche Patienten behandeln.“ Der Minister wies darauf hin, dass sich das „in Summe gar nicht so sehr davon unterscheiden muss, was die KBV sich insgesamt vorgestellt hat.“
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte für die Ausweitung der Sprechstundenzeiten von 20 auf 25 Stunden die Abschaffung der Budgets im Grundleistungsbereich gefordert und dafür eine Summe von etwa 600 Millionen Euro veranschlagt, das sei ein Euro je Behandlungsfall. © mn/aerzteblatt.de

Wie "ticken" ein CDU-Fachminister und ein SPD-Professor mit Fliege?
Haus- und Familien-Ärztinnen und -Ärzte in Deutschland bieten seit Jahrzehnten täglich offene Sprechsunden ohne vorherige Terminvereinbarung an: Mindestens die Hälfte unserer Konsultationen sind ohne Terminvereinbarung. Sei es, dass Familienmitglieder, Freunde, Bekannte, Lebensabschnitts-Gefährten z.B. infektiologisch mit untersucht und behandelt werden müssen, Akutbehandlungen vor der Praxistür oder im Wartezimmer erforderlich werden oder gewöhnliche Fälle von Prokrastination zu akuter Behandlungsnotwendigkeit führen... Das liegt zum einen an Wesen, Symptomen, Erscheinungsformen und Verlauf von Krankheiten bzw. zum anderen an Strukturen und Organisationen von Arzt-Patienten-Interaktionen.
Das sollte auch einem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bekannt sein. Immerhin stellt dieser, im Gegensatz zum "Kollegen" Prof. Dr. med. Karl Lauterbach von der SPD, auch Haus- bzw. Familien- und nicht nur Fach-Ärzten mit zusätzlichen Sprechstunden ohne Terminvergabe mehr Geld in Aussicht.
Doch Vorsicht! Das wäre für eine bisher verfehlte Gesundheitspolitik der "schlagende" Beweis, dass bisher dafür viel zu wenige Honorarumsätze gezahlt wurden.
Dem "Kollegen" Lauterbach kann man nur noch ins Stammbuch schreiben:
1. Experten für Gesundheits- und Krankenhausökonomie haben i.d.R. keine Ahnung von haus-/fachärztlicher professioneller Kooperation/Interaktion.
2. Etwa 80% aller medizinischen Beratungsanlässe bei unseren Patientinnen und Patienten werden bereits auf der hausärztlichen Ebene gelöst.
3. Sinnvolle Steuerung und Koordination der Facharztkontakte laufen über allgemeinärztliche und internistische Haus- und Familienmediziner.
4. Implementierung von Sonderbudgets für Erstkontakte zwischen Patienten und Fachärzten belegen nur eine bisher unzureichende Umsatzhonorierung.
5. Wer Erstkontakte bei Fachärzten priorisieren will, missachtet und disqualifiziert qualitativ gleichwertige Hausarzt-Erstkontakte.
6. Populistische Versuche, weitere Keile zwischen Haus- und Fachärzte zu treiben, gefährden die Sicherstellung der ambulanten Versorgung in Stadt und Land.
7. Wer lt. Handbuch des Deutschen Bundestages seine Approbation als Arzt erst seit 2010 besitzt, muss sich hinten anstellen.
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

"mehr" Angebot angemessen bezahlen - und das bisherige Angebot?
Und was ist mit all den Behandlungen, die derzeit von Niedergelassenen erbracht werden? Sollen die auch weiterhin unzureichend, also nicht angemessen, bezahlt werden? Will der Minister den Ärzten vorrechnen, dass sie aus 100 Prozent unzureichend vergüteter Leistungen und 10 Prozent angemessen vergüteter Leistungen im Durchschnitt auf was kommen? Genau, wer 100% unzureichend bezahlt und die nächsten 10% angemessen, der zahlt im Durchschnitt eben nicht angemessen.
Die Reaktion der GKV vom heutigen Tage, dem Tag der Veröffentlichung des Interviews im DÄ, lässt keine Zweifel, wie die Kassen zu dem Vorhaben des Ministers stehen. "Wir erwarten jedoch, dass die geplanten zusätzlichen Gelder für diejenigen Ärzte, die Patienten über die Terminservicestellen annehmen, den Beitragszahlern nicht zusätzlich in Rechnung gestellt werden." steht in der Pressemitteilung des GKV-Spitzenverbandes.
Extrapoliert man die Erfahrungen aus der Vergangenheit, wird es vermutlich auf das hinauslaufen, auf das es in den letzten 20 Jahren immer hinausgelaufen ist:
Ärzte sollen mehr arbeiten. Weil "die Ärzte" nach Auffassung der GKV schon "genug" Geld bekommen, wird es für das Mehr an Arbeit nicht einen zusätzlichen Cent geben.
Von einer "angemessenen" Honorierung, die der Minister versprochen hat, werden die betroffenen Ärzte nichts bekommen.

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