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Bundesgesundheits­ministerium beanstandet G-BA-Beschluss zu Verbandmitteln

Donnerstag, 26. Juli 2018

/dpa

Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist mit seinem Beschluss zur Definition von Verbandmitteln und „sonstigen Produkten zur Wundbehandlung“ übers Ziel hinausgeschossen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat die Entscheidung teilweise beanstandet, wie jetzt bekannt wurde. Der G-BA strebt nun eine Klärung vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg an.

Das Ministerium betont in seinem Schreiben vom 27. Juni, dass der G-BA eine „selbstständige inhaltlich eingrenzende Bestimmung des Verbandmittelbegriffs“ vorgenommen habe, „für die es keine Ermächtigungsgrundlage gibt“, wie Ulrich Orlowski, Leiter der Abteilung 2 – Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung im BMG, erklärt.

Eingrenzung nicht akzeptabel

Die Eingrenzung des Verbandmittelbegriffs auf Produkte, deren ergänzende Eigenschaft ausschließlich auf physikalischem Weg erreicht werde, stehe dem Gesetzestext entgegen, führte er aus. Der Gesetzgeber habe eine solche Einschränkung nicht vorgesehen. Darüber hinaus werde durch die Definition der therapeutischen Wirkung „der Verbandmittelbegriff enger gefasst, als es der Gesetzgeber in Gesetzeswortlaut und -begründung vorgesehen hat“.

Eine vollständige Ausgrenzung von Verbandmitteln mit ergänzenden, nicht pysikalischen therapeutischen Wirkungen auf die Wundheilung kann weder dem Gesetzestext selbst noch dem Willen des Gesetzgebers entnommen werden. „Durch die Abgrenzung der therapeutischen Wirkung sind auch Gegenstände, die antimikrobiell im Sinne einer bakteriziden/bakteriostatischen, auf pharmakologische Wirkungen basierenden Eigenschaft wirken, kein Verbandmittel mehr und folglich grundsätzlich nicht verordnungsfähig“, heißt es wörtlich im Beschluss des BMG.

Ebenso bemängelt das Ministerium eine Einstufung des G-BA zu Risikoklassen für Medizinprodukte. Beispiele für Produktgruppen, die aufgrund der Regelungen des G-BA von der Verordnung künftig ausgeschlossen sein könnten, konnte das BMG auf Nachfrage nicht nennen. Auch der G-BA konnte dazu keine Angaben machen. Er kündigte in einer Mitteilung aber an, Rechtsmittel gegen die Beanstandung des BMG beim Landessozialgericht einzulegen.

G-BA kann Argumenten nicht folgen

Man bleibe bei der Auffassung, dass es für die Bestimmung der Hauptwirkung als Verbandmittel nicht belanglos sei, ob und welche konkreten Wirkungen ein Produkt neben dem Bedecken und/oder Aufsaugen entfalte, um es als „sonstiges Produkt zur Wundbehandlung“ einer Bewertung des Nutzens für die Patienten unterziehen zu können, erklärte Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA. Daher werde man eine über die Teilbeanstandung vorgenommene Modifizierung des Regelungskonzepts nicht mitgetragen.

Der G-BA betonte auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes zudem, dass „sonstige Produkte zur Wundbehandlung“ nicht generell von der Verordnungsfähigkeit ausgeschlossen seien. Sie bedürften aber der vorherigen Bewertung der medizinischen Notwendigkeit anhand des therapeutischen Nutzens im Rahmen der Wundbehandlung, sagte eine Sprecherin. Auch bei Medizinprodukten zur Wundheilung wie etwa Sprays zur Desinfektion bewerte der G-BA deren therapeutischen Nutzen. „Ob entsprechende Produkte mit einem Verbandmittel kombiniert werden, ändert aus Sicht des G-BA an der im Sinne des Patientenschutzes erforderlichen Nutzenbewertung nichts“, sagte sie.

Gesetzgeber hatte Begriff konkretisiert

Mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) hatte der Gesetzgeber den Anspruch gesetzlich Krankenversicherter durch eine Definition des Verbandmittelbegriffs konkretisiert. Es handelt sich dabei demnach um Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächen­geschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen.

Die Eigenschaft als Verbandmittel entfalle insbesondere nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend eine Wunde feucht halte, wie es hieß. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren.

Der G-BA wurde beauftragt, bis zum 30. April 2018 Näheres zur Abgrenzung der Verbandmittel von „sonstigen Produkten der Wundbehandlung“ zu regeln. Letztere sind keine Verbandmittel und deswegen nicht von vornherein verordnungsfähig. Sie sind nur dann eine Leistung der gesetzlichen Kranken­versicherung, wenn sie vom G-BA als medizinisch notwendig eingestuft werden.

Der G-BA beschloss daraufhin am 19. April 2018 eine entsprechende Ergänzung der Arzneimittel-Richtlinie um einen neuen Abschnitt P und eine Anlage Va, in denen die Details zur Abgrenzung von Verbandmitteln und „sonstigen Produkten zur Wundbehandlung“ festgelegt sind. Diesen Beschluss hat das BMG teilweise beanstandet. © may/EB/aerzteblatt.de

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