Medizin
Übergewicht schädigt das Herz bereits im Jugendalter
Dienstag, 31. Juli 2018
Bristol – Jugendliche, die im Alter von 17 Jahren (und davor) übergewichtig waren, hatten bereits im Alter von 21 Jahren einen erhöhten Blutdruck sowie Zeichen einer vermehrten Herzbelastung. Dies kam in einer prospektiven Beobachtungsstudie in
Circulation (2018; doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.117.033278) heraus, die 2 genetische Methoden benutzte, um die Kausalität der Assoziation zu belegen.
Eine Adipositas gehört zu den etablierten kardiovaskulären Risikofaktoren und eine Gewichtsabnahme kann vor Herzerkrankungen schützen. Belegt ist dies derzeit nur für Erwachsene, die beispielsweise nach einer bariatrischen Operation seltener an einer Koronaren Herzkrankheit erkranken (NEJM 2007; 357: 753–61).
Die Adipositasepidemie führt dazu, dass immer häufiger bereits Kinder und Jugendliche übergewichtig oder fettleibig sind. Ein Team um Kaitlin Wade von der Universität Bristol hat jetzt untersucht, ob ein erhöhter Body-Mass-Index bereits im Jugendalter schädliche Auswirkungen hat. Es analysierte dazu die Daten der Avon Longitudinal Study of Parents and Children, die mehr als 14.000 englische Kinder seit der Schwangerschaft ihrer Mütter Anfang der 1990er-Jahre begleitet.
Es handelt sich um eine prospektive Beobachtungsstudie, die streng genommen keine Kausalzusammenhänge herstellen kann. Adipöse Kinder und Jugendliche können neben ihren Gewichtsproblemen noch andere Risikofaktoren aufweisen, etwa Bewegungsmangel oder eine ungesunde Ernährung, die statt des Übergewichts für die Funktionsstörung des Herzmuskels verantwortlich sein könnten, die Wade bei einem ersten Vergleich von adipösen und schlanken Jugendlichen beobachtet hat.
Die Forscherin hatte mehr als 3.000 Jugendliche im Alter von 17 Jahren und im Alter von 21 Jahren erneut untersucht, wobei im Alter von 21 Jahren auch eine Magnetresonanztomographie zur Bestimmung von Herzgröße und Funktion durchgeführt wurde.
Ergebnis: Die Jugendlichen, die im Alter von 17 Jahren adipös waren, wiesen im Alter von 21 Jahren häufiger einen erhöhten systolischen und diastolischen Blutdruck auf und sie hatten bereits eine linksventrikuläre Hypertrophie. Diese Vergrößerung des linken Herzmuskels gilt als einer der ersten Endorganschäden des Herzmuskels und als Vorbote für eine spätere Herzmuskelschwäche.
Um die Kausalität zu untermauern, haben die britischen Forscher 2 weitere Untersuchungen durchgeführt. Die erst war eine Mendelsche Randomisierung. Sie teilt die Teilnehmer nach einem genetischen Risikoscore in Gruppen mit einem unterschiedlichen Körpergewicht ein. Da die Gene bei der Geburt zufällig verteilt werden, vermeidet diese Untersuchung mögliche Störgrößen, die sich aus einer unterschiedlichen Ernährung oder anderen Verhaltensweisen ergeben könnten.
Eine weitere relativ neue Variante ist eine Recall-by-Genotype-Analyse, die die Teilnehmer nach ihrem Genotyp unterschiedlichen Gruppen zuteilt. Auch mit dieser Methode lassen sich die Bedingungen einer randomisierten Studie nachstellen.
Wie Wade berichtet, bestätigten sowohl die Mendelsche Randomisierung als auch die Recall-by-Genotype-Analyse die Ergebnisse der reinen Beobachtungsstudie.
Die Herzvergrößerung scheint dabei allein auf einer Erhöhung des Schlagvolumens zu beruhen, da die Herzfrequenz bei den adipösen Jugendlichen nicht erhöht war. Interessanterweise war noch keine Veränderung der Pulswellengeschwindigkeit in der Halsschlagader oder der Leistenarterie nachweisbar. Die Adipositas scheint demnach zunächst nur das Herz zu belasten. Zu einer beschleunigten Atherosklerose, die bei Erwachsenen ein entscheidender Risikofaktor ist, kommt es offenbar erst später. © rme/aerzteblatt.de
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