Politik
Migranten haben schlechtere Arbeitsbedingungen in Pflegeberufen
Dienstag, 7. August 2018
Düsseldorf – Pflegekräfte mit Migrationshintergrund haben in Deutschland einer Untersuchung zufolge schlechtere Arbeitsbedingungen als ihre Kollegen. Das geht aus einer heute veröffentlichten Analyse der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor, die von der Sozialwissenschaftlerin Hildegard Theobald von der Uni Vechta erarbeitet wurde. Sie wertete Befragungsdaten aus den Jahren 2005 bis 2012 aus.
Demnach leisten Alten- und Krankenpfleger mit ausländischen Wurzeln häufiger unbezahlte Überstunden, werden häufiger von Bewohnern und ihren Angehörigen kritisiert und seltener in dienstliche Besprechungen einbezogen. In anderen Ländern hätten ähnliche Studien keine solche Ungleichbehandlung festgestellt.
Hohes Qualifikationsniveau in der ambulanten Pflege
Die Studie vergleicht die Arbeitsbedingungen von Pflegekräften in Deutschland, Schweden und Japan. Zeitdruck, Erschöpfung und prekäre Arbeitsverhältnisse sind demnach in allen drei Ländern verbreitet. Schweden tut sich durch eine umfassende Qualifizierungsstrategie hervor. Deutschland verfügt im Ländervergleich über ein relativ hohes Qualifikationsniveau in der ambulanten Pflege.
Der Auswertung zufolge ist atypische Beschäftigung länderübergreifend weit verbreitet: Der Anteil der Teilzeitjobs in der ambulanten Pflege liegt in Japan und Schweden bei etwa 60, in Deutschland bei mehr als 70 Prozent. Prekäre Beschäftigungsformen wie Minijobs oder stundenweise Beschäftigung machen im ambulanten Sektor in Deutschland etwa ein Fünftel aus. In Schweden schwankt der Anteil zwischen 15 Prozent bei den öffentlichen Dienstleistern und 34 Prozent bei den privaten Konkurrenten.
In der stationären Pflege gibt es etwas mehr Regelarbeit: Zwischen 40 und 50 Prozent der Beschäftigten in Deutschland und Schweden arbeiten in Vollzeit. In Japan sind es 93 Prozent – was laut Theobald auch daran liegen dürfte, dass nur öffentliche und gemeinnützige Anbieter zugelassen sind.
Im ambulanten Sektor ist der Untersuchung zufolge das Qualifikationsniveau in Deutschland am höchsten, wo 53 Prozent der Beschäftigten eine dreijährige Ausbildung als Kranken- oder Altenpflegefachkraft absolviert haben. Im stationären Bereich schneidet Deutschland dagegen mit einem Anteil von Kranken- und Altenpflegefachkräften von 33 Prozent weniger gut ab.
Wesentlich günstiger ist die Situation in Schweden, wo in den Pflegeheimen zu zwei Dritteln Fachkräfte arbeiten. Die japanische Altenpflege zeichnet sich nach Theobalds Einschätzung generell durch eine „begrenzte Professionalisierung“ aus.
Belastende Arbeit
Belastend ist die Pflege alter Menschen in allen drei Ländern: Von regelmäßigem Zeitdruck berichten 54 Prozent der ambulanten Pflegekräfte in Deutschland, 35 Prozent in Japan und 37 Prozent in Schweden. Wöchentliche Überstunden fallen bei 52 Prozent der Deutschen, 28 Prozent der Japaner und 13 Prozent der Schweden an. Noch schlechter sieht es im stationären Bereich aus: Zeitdruck ist hier bei 73 Prozent der Deutschen, 53 Prozent der Japaner und 40 Prozent der Schweden an der Tagesordnung.
In Deutschland hat sich die Zahl der ausländischen Pflegekräfte in den vergangenen vier Jahren fast verdoppelt. 2017 waren nach Angaben der Bundesregierung in Deutschland 128.000 Pfleger aus dem Ausland sozialversicherungspflichtig in der Kranken- und Altenpflege angestellt. Hinzu kamen knapp 6.000 geringfügig Beschäftigte. Im Jahr 2013 hatte die Zahl noch bei 74.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und 5.300 geringfügig Beschäftigten gelegen. Von 2016 auf 2017 stieg die Zahl der ausländischen Pflegekräfte um 18.000 an.
Die Hälfte der ausländischen Pflegekräfte (66.000) stammt aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat. 18.000 Pflegekräfte kommen vom Balkan, knapp 7.000 aus osteuropäischen Drittstaaten. 3.500 Pfleger kommen aus Asylherkunftsländern. © kna/aerzteblatt.de

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