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Bundesgesund­heitsministerium macht Kliniken für Rückgang der Organspenden mitverantwortlich

Dienstag, 14. August 2018

/dpa

Mainz/Berlin – Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) macht die Krankenhäuser in Deutschland mitverantwortlich für die geringe Zahl von Organspenden. Das geht aus einem Bericht des ARD-Magazins Report Mainz hervor. Das Ministerium teilte dem­nach auf Anfrage mit, dass unter anderem „strukturelle und organisatorische Schwachstellen“ sowie „Arbeitsverdichtungen“ in den Kliniken zur rückläufigen Zahl von Organentnahmen führten.

Das BMG wies den Angaben zufolge darauf hin, dass auch eine „unzureichende Vergütung“ der Organentnahme für Kliniken eine Ursache für die sinkenden Spenderzahlen sei. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) werde daher bis Herbst einen Gesetzentwurf vorlegen. Ziel sei es, „eine verbesserte Vergütung für Organentnahmen und eine Verbesserung der Situation der Transplantations­beauftragten“ in den Krankenhäusern zu erreichen.

DKG weist Verantwortung von sich

Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, wies die Kritik im Report-Mainz-Bericht zurück. „Wir sehen nicht, dass die Kliniken das Problem sind. Die Kliniken sind seit Jahren sehr engagiert“, sagte er. Er könne nicht beobachten, dass Krankenhäuser aufgrund der Lasten der Aufwendungen, die mit Spendenprozessen verbunden seien, sich aus dem Spenderengagement zurückzögen.

Auf die Frage, ob es auch an einer unzureichenden Vergütung für Organentnahmen liege, dass zu wenige Organspenden realisiert würden, antwortete Baum: „Die Kliniken engagieren sich für die Organspende, um Menschen zu helfen. Das Geld spielt nicht die Rolle, die in der Diskussion vielleicht manchmal aufgerufen wird.“

Die Kaufmännische Direktorin der Uniklinik Heidelberg, Irmtraut Gürkan, bestätigte indes, dass Organentnahmen für Kliniken ein Kostenfaktor sind. „Die Organentnahme ist ein Minusgeschäft“, sagte Gürkan. Sie erhielten heute für eine Organentnahme einen Pauschalbetrag zwischen 500 Euro und 5.000 Euro. 500 Euro würden gezahlt, wenn eine Organentnahme nicht erfolgen könne oder abgebrochen werden müsse. 5.000 Euro sei der Betrag für eine Entnahme mehrerer Organe. Das reiche nicht aus, so die Expertin.

Die Grünen mahnten heute an, dass mögliche Organspender besser erkannt und gemeldet werden. „Wir müssen Transplantationsbeauftragten in den Kliniken den Rücken frei halten, damit sie ihre Aufgabe auch wirklich wahrnehmen können“, sagte Kirsten Kappert-Gonther, Grünen-Sprecherin für Gesundheitsförderung. Diese wichtige Aufgabe könne niemand im Klinikalltag einfach nebenher machen. Daher müssten Transplantationsbeauftragte einen gesetzlichen Anspruch darauf haben, in geeignetem Umfang von anderen dienstlichen Verpflichtungen freigestellt zu werden.

Meldewege verbessern

Kappert-Gonther schlug zudem vor, die Transparenz des Organspendesystems zu erhöhen und die Information über Meldewege zu verbessern. Das Wissen um Erkennen und Melden potenzieller Organspender gehöre in die medizinische Ausbildung, sagte sie. Darüber hinaus sollten Ärzte und Bevölkerung mehr Vertrauen in die Transplantations­medizin aufbauen können. Dafür sei eine „stärkere staatliche Kontrolle der Transplantationszentren ebenso notwendig wie eine angstfreie Kommunikation zwischen den Beteiligten auch über Unsicherheiten und Probleme“.

2017 war die Zahl der Organspender in Deutschland auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren gesunken: Bundesweit gab es nur 797 Spender. Allerdings sind die Zahlen im 1. Halbjahr des laufenden Jahres laufenden Jahres angestiegen, wie Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) zegien. Demnach gab es von Januar bis zum 10. Juli 2018 484 Organspender. Im 1. Halbjahr 2017 war mit 412 Organspendern ein Tiefststand in den vergangenen Jahren erreicht worden. Im 1. Halbjahr 2012 lag die Zahl der Organspender noch bei 562.

Der Anstieg der Spenderzahlen hat auch zu mehr gespendeten Organen geführt. Laut DSO wurden im 1. Halbjahr 2018 1.577 Organe entnommen und in Deutschland sowie im Ausland transplantiert. Im gleichen Zeitraum 2017 waren es 1.331 und 2016 1.397. Die Zahl der transplantierten Organe stieg zwischen Januar und Juli 2018 auf 1.624 – ohne Transplantationen nach Lebendspende und ohne Dominotransplantationen. Im 1. Halbjahr 2017 wurden noch 1.410 Organe transplantiert und im gleichen Zeitraum 2016 waren es 1.448.

„Die aktuellen Zahlen sind eine Momentaufnahme, die nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass den Diskussionen jetzt strukturelle Veränderungen folgen müssen“, kommentierte Axel Rahmel, Medizinischer Vorstand der DSO, die Zahlen im Juli. © may/kna/aerzteblatt.de

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